Wie die Zeit einem doch manchmal durch die Finger gleitet. Fast ein Jahr ist es mittlerweile her, dass wir das erste Gundam (in seinem Filmformat), sowie die wesentlich später herausgekommene Origin Prequel-Serie gesehen haben. Damals wollte ich eigentlich zwei weitere damit zusammenhängende Filme schnell schauen, einer war sogar zu der Zeit im Kino, aber wie das manchmal bis häufig so ist, landeten sie doch erst Mal auf dem Backlog und geriet vergessen. Bis jetzt, einer der beiden zumindest.
Mobile Suit Gundam: Char’s Counterattack ist ein Film, der oftmals im Packet mit der 79er-Filmtrilogie verkauft wird. Als Mitte der 2000er-Jahre die klassischen Gundams auf deutscher DVD released wurden, waren die vier Filme beispielsweise ganz vorn mit dabei, und auch im aktuellen Streaming-Portale-Zeitalter sind sie häufig in den gleichen News als verfügbar bereitgestellt worden. Als jemand, der sich nicht so pralle mit Gundam auskennt, schon gar nicht mit der weitläufigen Universal Century Timeline, mag man es mir also eventuell verzeihen, dass ich mit der falschen Vorstellung in den Film ging. Nämlich der Vorstellung, dass es eine die Amuro-Char-Handlung abschließender Film ist, der direkt nach der 79er-Serie spielt, also wirklich quasi der vierte Film chronologisch darstellt. Ein großes Finale zum Konflikt zwischen Amuro und Char ist es auch tatsächlich. Allerdings sind komplette zwei TV-Serien, Gundam Zeta und ZZ, zwischen dem Abschluss der 79er Serie und dem Film angesiedelt, die ich nicht gesehen habe.
Scheinbar haben zwischenzeitlich Amuro und Char auf der gleichen Seite gekämpft, Char wurde allerdings von der Attitüde der auf der Erde lebenden Menschen desillusioniert, denn zu Beginn des Filmes ist er der Anführer von Neo Zeon und im Krieg mit der Erdenförderation. Sowie sein schon in Bewegung gesetzter Masterplan der, dass er einen Asteroiden auf die Erde fallen lässt, um einen nuklearen Winter auszulösen. Amuro versucht natürlich dies zu verhindern.
Währenddessen springen die beiden Teenager Hathaway und Quess immer wieder durch den Film, die dank der politischen Position ihrer Eltern zunächst auf dem gleichen Schiff wie Amuro landen, Quess dann aber über den Kontakt mit Char auf seine Seite wechselt. Eine Art besonders empathischer Newtype ist sie außerdem.
Zu Gundam F91 hatte ich ja bereits angemerkt, dass der Film etwas überfrachtet wirkte, als wäre das Script einer kompletten TV-Serie in einen Film kondensiert worden. Was in dem Fall auch nicht ganz unwahr war. Char’s Counterattack allerdings ist von Anfang an als Film konzipiert worden und ich habe mittlerweile einfach ein wenig das Gefühl, dass Tomino besser in einem TV-Format ist. Denn auch der hiesige Film macht ein wenig den Eindruck, als wäre eine komplette 13-teilige TV-Staffel auf 120 Minuten zusammengezogen worden. Es geschieht einfach unglaublich viel, die Lokalitäten wechseln sich im Eiltempo ab, und an Charakteren bekommen viel mehr Screentime, als der Film einen je als wichtig verkaufen kann.
Hathaway ist da ein gutes Beispiel, der in der ersten Filmhälfte wirkt, als wäre er ein wichtiger Hauptcharakter, aber in der zweiten Hälfte kaum noch etwas zu tun bekommt. Auch die Charaktermotivationen an sich gehen dadurch etwas schnell vonstatten und hätten eventuell mehr Raum zum Atmen und sich entwickeln gebraucht. Der Film will uns Char als einen eigentlich guten Kerl verkaufen, der alle Menschen auf der Erde ja nur deswegen ausrotten will, weil er meint nur so einen dauerhaften Frieden herstellen zu können. Es müssen alle empathische Newtypes werden, die sich gedanklich verstehen, und Newtypes entstehen nur, in dem Menschen im All leben. Genozid, aber aus den richtigen Gründen, ist kein gänzlich unbekannter Handlungspunkt, um einen Antagonisten Facetten zu geben, braucht aber auch eine Menge Arbeit, um zu funktionieren. Und dafür hat der Film die Zeit nicht. Natürlich sollen wir wahrscheinlich eh nicht auf der Seite von Char sein, sondern die des optimistischeren Amuro, doch wir sollen zumindest verstehen, wie Char auf seine Idee kam. So ist es auch etwas arg lächerlich, wenn Char gegen Ende des Filmes den Satz fallen lässt, dass er Gewalt hasst, während er mitten im Plan ist, einen ganzen Planeten von Menschen auszurotten.
Dass Newtypes mit ihrer Psi-Begabung sich von Natur aus verstehen werden, weil sie ohne Barrieren direkt die Empfindungen voneinander auffangen oder ähnliches esoterisches Zeug, zu dem Tomino sich gern hinreißen lässt, verkauft uns der Film ebenfalls nur schlecht. Immerhin ist Quess so eine Art Super-Newtype und ganz ehrlich gesagt der schwächste Punkt des ganzen Filmes. Das Mädchen nervt ohne Ende, ist bei allem sofort übertrieben emotional, kommt mit niemand anderem aus, und lässt sich von Char sofort indoktrinieren. Quess ist omnipräsent und jede Szene mit ihr einfach Haarsträubend, da ihre Reaktionen nicht nur maßlos übertrieben sind, sondern den Dialogen fast nicht zu folgen ist, so wenig scheint was sie sagt mit dem zu tun zu haben, worüber alle anderen gerade geredet haben. Was Chars Entwicklung angeht, kann ich dem Film immer noch zugutehalten, dass mir hier eventuell einfach fehlt, was in Zeta/ZZ mit ihm geschehen ist. Quess ist allerdings für den Film an sich erschaffen und macht noch weniger Sinn als Charakter für mich.
Aber nicht alles ist merkwürdig am Film. Die Handlung mag ein wenig holpern und die Charaktere etwas irrsinnig wirken. Was durchaus auch einen Unterhaltungswert hat, nebenbei gesagt. Aber der Film ist auf jeden Fall groß. Große Emotionen, große Explosionen, große Pläne, große Persönlichkeiten geraten aneinander. Alles in Char’s Counterattack ist auf Zehn hochgedreht. Und super animiert obendrein. Char’s Counterattack ist eine Space Opera und hält nichts zurück, um der langen Amuro-Char-Saga ein großes Ende zu setzen. Tomino mit ordentlich Geld bestückt und auf dem Hoch der Beliebtheit der UC-Timeline. Wenn es nur darum geht, einen spektakulären Film zu erfahren, wird man hier voll bedient. Zu viel über die Sinnigkeit der Charakter nachdenken sollte man dabei lediglich eventuell nicht.