Signalis ist ein Survival Horror Spiel aus deutschem Hause, welches kurz vor seinem Release im Oktober letzten Jahres plötzlich vermehrt auf meiner Twitter-Timeline auftauchte. Und seit Release eigentlich via Fanart nicht mehr davon wegzudenken ist. Zudem war es kürzlich erst beim Deutschen Computerspielepreis nominiert, wo es aber zumindest in der Kategorie Bestes Deutsches Spiel gegen Chained Echoes verlor.
Das Spiel beginnt mit Elster in einem Shuttle. Hier werden Grundlagen dargelegt. Eine Deutsch kodifizierte Regierung ist im Krieg mit einem anderen Reich. Beide sind mittlerweile im All unterwegs. Sowohl Soldaten wie auch Arbeitskräfte werden zum Großteil von Androiden gestellt. Elster sind solche Androiden-Modelle. Die Elster, die wir spielen, hat allerdings Flashbacks zu einer weißhaarigen Frau, sowie einem angeblichen Versprechen zwischen beiden, und macht sich auf die Suche, jene zu finden.
Spielerisch haben wir es hier mit sehr klassischem Surival Horor in einer Top-Down-Ansicht zu tun. Während wir uns durch die Gebiete rätseln gibt es diverse Puzzle zu lösen, alles Mögliche abdeckend, davon den richtigen Passcode für eine Türe zu finden, Radiosignale richtig zu justieren, hin zu mehr metaphysischen Rätseln, bei denen Matroschkas irgendwelche Türen öffnen oder der Mondzyklus abgebildet werden muss. Man kennt es aus Silent Hill, wo mal die Hürden relativ bodenständig sind und dann in der Anderswelt plötzlich die merkwürdigsten Designs annehmen können. Nur das Signalis nie einen eindeutigen Cut zwischen verschiedenen Weltenebenen macht.
Gegner gibt es natürlich auch, und zwar in Form von anderen Androiden-Modellen, die infiziert sind und ihren Verstand verloren haben. Andere Elstern haben die gleichen Fähigkeiten, wie unser Hauptcharakter, Störche können mit ihren langen Beinen die Distanz viel schneller schließen, Kolibris bekämpfen uns, in dem ihre Radiosignale die Wahrnehmung stören. Allzu viele verschiedene Gegner-Modelle gibt es nicht, aber dafür lernen wir über die üblichen Notizen und Datalogs nach und nach mehr über ihre Archetypen. Androiden funktionieren, weil ihnen die Psyche einer menschlichen Person eingepflanzt wurde, die für die jeweilige Arbeit, für die sie gedacht sind, geeignet ist. Doch das führt auch dazu, dass ein Rest jener Menschlichkeit übriggeblieben ist. Gewissen Modelle sind introvertiert, andere extrovertiert, manche reagieren auf Musik, und ihre Psyche nicht zu pflegen führt früher oder später zu dessen Zusammenbruch. Weswegen als Gestalt menschliche Überwacher dafür zuständig sind die Replikant-Androiden zu überwachen.
Häufig ist es natürlich besser Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen. Nicht nur weil Munition und Heilung stark begrenzt ist, solange nicht auf dem Easy-Modus gespielt wird. Aber auch weil ganz wie in Resident Evil nur sechs Inventarslots zur Verfügung stehen. Knarre mitgenommen? Das macht einen Slot. Zusätzliche Munition für sie? Zweiter Slot ist weg. Ein Subitem eingesteckt, um beispielsweise erlegte Gegner definitiv auszubrennen, oder um Fotos der Umgebung für die Rätsel-Lösungen zu machen? Die Hälfte der Slots ist jetzt aufgebraucht. Räume mit Speichermöglichkeit und Inventarkisten gibt es nicht unhäufig, aber sie sind weit genug auseinander, um einem unkomfortable Entscheidungen abzuwinden, wie gut ausgestattet man Elster losschicken will.
Signalis trägt seine Inspirationen dabei stolz auf der Brust. Eines der ersten Dinge, die Elster findet, ist The King in Yellow, eine Lovecraft-Geschichte. Gestalt und Replikant sind Namen, die wir aus den beiden Versionen des ersten Niers kennen. Das Inventardesign stammt aus Resident Evil, das Sound- und Puzzle-Design könnte einem Silent Hill zu Gesicht stehen. Die ständigen optischen Einblendungen der weißhaarigen Frau mit den Worten sie zu finden oder an ihr Versprechen zu denken, hat etwas vom Final Fantasy VIII Opening. Nicht zuletzt werden die ganzen kryptischen Einblendungen von kurzen Szenen und der freigiebige Gebrauch von sowohl deutschen wie auch japanischen Worten, die währenddessen über den Bildschirm huschen, an Neon Genesis Evangelion erinnern. Alles immer mit anderen Medien zu vergleichen kann dabei durchaus anstrengend sein, und zeigt auch erst Mal nur, dass man andere Medien kennt, nicht auch, dass man zu analysieren weiß, warum jene Gemeinsamkeiten bestehen. Aber im Falle von Signalis möchte das Spiel diese Vergleiche heranziehen, für alles andere ist es viel zu offensichtlich. Signalis sagt uns „Waren diese Spiele/Filme nicht toll? Finden wir auch!“.
Ich muss dabei sagen, dass ich beim Ende angekommen narrativ zunächst fast etwas enttäuscht war. Enttäusch ist vielleicht etwas viel gesagt, aber ich hatte schon ein wenig das Gefühl von „Da war es gewesen?“. Das liegt eben an der Präsentation von Signalis, bei dem jene Evangelion-esquen Szenen und die vielen vagen Infos in den gefundenen Notizen auf so viel Mysteriöses hindeuten. Nicht zu vergessen, dass das Fake-out Ende einfach nur eine einzige Szene voller kryptischer Ereignisse ist. Anschließend wieder ins Spiel hineingesprungen, um eines der echten Enden zu erreichen, war bei mir einfach die Erwartungshaltung da, dass es jetzt so „richtig“ losgeht. Jetzt kommen die ganzen Antworten. Jetzt wird was Größeres aus dem Narrativ als schlichtweg nur eine Elster, die ihre Gestalt wiederfinden will. Das kam dann allerdings nicht. Signalis bewegte sich jederzeit genau in die Richtung, die ich erwartet hatte, und stoppte, nachdem das Spiel an den Erwartungen angekommen war. Das bringt gleich ein Gefühl eines prätentiösen Arthouse-Filmes auf, welches bemüht kryptisch und mysteriös ist, aber am Ende nichts auszusagen hatte.
Mit der Zeit hat sich das etwas gelegt. Mittlerweile sehe ich Signalis mehr wie eine Geschichte von Yoko Taro. Der bleibt auch gerne sehr minimalistisch auf eine Haupthandlung beschränkt. Signalis dreht sich um Elster, ihre Gestalt, und das Versprechen zwischen den beiden. Und das ist auch Ok so. Das ganze halb-angemerkte World Building, die ganze mystischen Optik, all das ist nettes Beiwerk, aber es ist nicht worum sich Signalis drehen will. Das Spiel ist dann eben doch keine großangelegte Geschichte, sondern ein simpler Gundkern, um den herum ein Moodpiece gebaut wurde. Vielleicht soll vieles auch bewusst nicht klar sein oder aufgeklärt werden, denn wer weiß – ganz wie in Silent Hill – wie viel von dem, was wir sehen, überhaupt real ist und wie viel nur Elsters verschlechternden Psyche entspringt. Signalis ist coole Vibes mit dichter Atmosphäre in schnieker Optik, alles mehr kann man sich selbst zusammeninterpretieren oder eben auch lassen, wie es für einen selbst für richtig gehalten wird.