The Quarry

ava-2788Es ist mal wieder Zeit für Spiele, die eigentlich Filme sind. Aber diesmal nicht wie letzte Woche tatsächlich einfach nur FMVs, bei denen immer mal wieder eine Taste gedrückt gehört, um die nächste Szene zu sehen. Sondern die moderneren interaktiven Filme, bei denen tatsächlich ein bisschen mehr Kontrolle vorherrscht. Bisschen Charakter selbst bewegen, paar Antworten auswählen und so.

Supermassive Games haben sich ja ein wenig zum Darling solcher Spiele entwickelt. Ihr Durchbruch war kein anderer Titel als Until Dawn und seither sind sie dem Genre treu geblieben, haben beispielsweise das episodischere Dark Pictures Anthology herausgebracht, aber auch letztes Jahr mit The Quarry ihren neuesten großen Beitrag geleistet.

Auch dem Film-Genre sind sie dabei treu geblieben und bieten einen weiteren Eintrag in den (Teen-)Horror an. Diesmal geht es um eine Gruppe an Betreuern für ein amerikanisches Sommercamp, traditionell ein Aushilfsjob von Teens und frühen Twens, die Gruppen an jüngeren Kindern über die Sommerferien zu betreuen haben, damit deren Eltern auch mal Ruhe gegönnt ist. Man kennt es von Friday the 13th und dem Camp Crystal Lake. Natürlich soll das auch ein wenig als eigene Ferien genutzt werden, und so hat die Gruppe das Camp ein paar Tage für sich alleine.

Der perfekte Zeitpunkt also, um im idyllischen Waldgebiet am See zu spazieren, damit die Introvertierten auch etwas abgeschieden miteinander flirten können. Oder am Lagerfeuer via Mutproben ein wenig die Bisexualität auszuloten. Oder man verkracht sich halt gewaltig mit dem Ex, der einfach nicht loslassen will. Übliches Teen-Drama halt. Bis das irgendwann von tödlichem Drama abgewechselt wird, wenn ein Monster umher läuft, dessen Biss wie bei Werwölfen ansteckt, und Redneck-Jäger ebenfalls die Wälder nach möglichen Infizierten durchsuchen. Wo eine geladene Knarre involviert ist, geht gern mal was schief.

The Quarry hat einen langsamen Start. Immerhin muss hier im Gegensatz zur Dark Anthology wieder ein „volles“ Spiel von 10 Stunden gefüllt werden. Ich habe es auf Twitch gestreamt, in drei Sessions von jeweils circa 3 Stunden, und während der ersten davon ist eigentlich noch kein Horror geschehen, sondern wir folgten nur den Betreuern, wie sie untereinander sind. Wobei sich hier The Quarry ebenfalls den in Horrorfilmen etablierten Cold Openings bedient. In der allerersten Szene sehen wir zwei andere Betreuer auf dem Weg ins Camp, die prompt in Gefahr landen, bevor es zum eigentlichen Haupt-Cast an Charakteren geht. Sozusagen als Anheizer und Versprechen, dass da später noch die Gaudi abgehen wird. Until Dawn tat das ebenfalls mit dem ersten Mord an den Zwillingen zu Beginn. Nur das The Quarry nicht den Fehler begeht, uns die komplette Charakterriege gleich mit unsympathisch zu machen.

Und das ist auch gut so, denn wenn wir sie über die nächsten 3 Stunden untereinander erleben, macht es natürlich mehr Sinn, wenn wir uns für sie interessieren. Ein wenig Spaß an Teen-Drama muss selbstredend mitgebracht werden, und ein wenig Involviertheit, weil wir sie ja steuern und ihre Antworten auswählen. Wie viel also Situationen eskaliert oder de-eskaliert werden, ist ein wenig in Spielerhand. Ich war in der ersten Session jedenfalls nicht gelangweilt, die Highlights von uns waren die beiden Nerds anbandeln zu lassen, sowie den Kuss am Lagerfeuer zwischen zwei der Jungs zu halten. Man muss sich auch über die kleinen Dinge freuen können. Emma war eigentlich der einzige Charakter, der wegen ihres bitchy Verhaltens anfänglich nicht super sympathisch war, aber auch mit der wurde ich mit der Zeit warm, als ich sie selbst gesteuert nette Momente mit introvertierten Abygail verbringen lies oder wie sie später zum richtigen Badass wird, wenn sie als erste in Gefahr gerät. Jacob war zunächst etwas arg clingy, aber das macht mit der Zeit auch Sinn, wenn witzigerweise der Jock-Archetyp der emotionalste Charakter ist. Obwohl wenn ich von ihm am Ende gar nicht so viel sah. Also ich sah im übertragenen Sinne schon viel von ihm, wenn er für eine längere Zeit nur in Boxershorts durch den Wald irrte, aber von ihm als Charakter nicht so viel.

Wie das bei jenen interaktiven Filmen so üblich ist, ist es natürlich ohne erneutes Durchspielen etwas schwer zu sagen, wie viele Variationen es im Verlauf wirklich gibt. The Quarry ist jedenfalls gut darin, es so ausschauen zu lassen, als wäre ich wirklich involviert gewesen. Als hätten meine Antworten, meine Entscheidungen, meine Bewegungen durch das Spiel hindurch einen Einfluss auf das Schicksal der Charaktere. Das kann natürlich auch immer dazu führen, dass einige Charaktere etwas kurz kommen, wenn eben nicht in längere Szenen mit ihnen manövriert wird. Jacob zumindest war einer jener, der ab einem gewissen Punkt quasi fast vollständig aus meinem Spieldurchlauf verschwunden war. Fiel mir aber auch erst gegen Ende auf.

Das Spiel ist einfach viel zu unterhaltsam, als das dies mir vorher aufgefallen gewesen wäre. Wenn dann eben nach dem ersten Drittel wirklich die Action beginnt, geht es auch so richtig ab. Ähnlich wie bei Until Dawn gibt es einige übliche Horrorfilm-Klischees und Szenarios, die hier zusammenlaufen. Das meine ich nicht nachteilig, diese Spiele sind eben ein Liebesbrief an das Genre, und benutzen deswegen jene Tropes bewusst und gern. Hier ist zudem alles einfach ein wenig runder zusammenkommend als in Until Dawn, macht mehr kohärenten Sinn in sich selbst. Wenn dann so ein Monster wortwörtlich aus jemandem herausplatzt und der ganze Raum inklusive aller Danebenstehender in Blut getüncht wird, als wäre gerade ein extrem aggressives Splatoon-Match veranstaltet worden, ist das einfach urkomisch. Das ist auch irgendwo wichtig an dieser Art von Horror, dass es trotz aller Gewaltspitzen dennoch etwas leichtfüßig ist und eine inhärente Komik bereithält. Zehn Stunden Misery Porn will doch keiner haben, lasst die Charaktere lieber ein paar Sprüche klopfen und das alles ein wenig bewusst blöd sein. Eine Lektion, die David Cage nie gelernt hat, aber dazu nächste Woche mehr.

Ich persönlich habe natürlich eh immer eine gute Zeit mit jenen interaktiven Filmen, mir liegt das Genre einfach. Selbst die Einträge des gerade genannten David Cage zum Beispiel. Das ganze dann noch einem Live-Publikum gestreamt, hebt das Erlebnis auch noch mal. Eine Affinität für Horrorfilme bringe ich zudem noch mit. Von daher konnte The Quarry eigentlich eh schon fast nichts falsch machen. Aber ich würde auf jeden Fall sagen, dass es einer der besten Vertreter des Genres ist. Wer natürlich mehr machen möchte, als einen Charakter zwischen Sequenzen ein paar Schritte zu bewegen und hier und dort eine Multiple-Choice-Antwort auszuwählen, wird mit The Quarry auch nicht glücklich. Das gibt das Genre nicht her, und muss es auch gar nicht. The Quarry macht Spaß, so wie es ist.

Movie Night on the Sega CD: Kamen Rider ZO and Time Gal

ava-2786Ach ja, die frühen 90er und ihre ersten CD-basierten Konsolen. Die PlayStation war da noch nicht mal zwangsläufig früh mit dabei, die richtigen Vorreiter waren Addons für im Basismodell Modul-/Karten-basierte Systeme wie das PC Engine oder das Mega Drive. Von dem die PlayStation ja auch ursprünglich als SNES-Erweiterung geplant war.

Teils wurde das größere Speichermedium nur dazu genutzt, um die CD mit Sprachausgabe oder einem klarer anzuhörenden Soundtrack zu füllen, eventuell noch rudimentär animierte Pixel-Szenen zu bieten. Aber es war auch die Zeit der FMV-Adventures. Von Ports von Point and Clicks mit mehr oder weniger vielen Filmszenen, bis hin zu ganzen Filmen, bei denen die Interaktionsmöglichkeiten eher gering ausfallen, finden sich besonders auf dem Sega Mega CD für deren 16bit wieder. Zwei davon habe ich kürzlich erst gespielt.

Darunter zum Beispiel Kamen Rider ZO, welches wir bereits als 50-minütigen Film hier im Blog hatten. Zeitgleich wurde es aber auch als FMV-Spielchen für das Sega CD umgesetzt. Und sogar lokalisiert, womit witzigerweise das Spiel eine englische Synchronisation hat, während das mit dem eigentlichen Film nicht der Fall ist. Übrigens einen ziemlich witzigen, denn die Kinder sind eindeutig von Erwachsenen eingesprochen, die teils noch nicht mal ihre Stimme verstellen.

Das Spiel lässt dann auch eine leicht verkürzte Variante des Filmes ablaufen, unterbrochen von zehn Quick Time Event Einlagen. Nachdem wir ein paar Szenen gesehen haben, hält uns also das Spiel an, sich  vorzubereiten und den Kontroller lieber wieder zur Hand zu nehmen, denn ein „Kampf“ startet. Jetzt heißt es die Reihenfolge von eingeblendeten Tasten rechtzeitig zu drücken oder die eine Taste zu hämmern, bis sich ein Balken gefüllt hat. Nett ist dabei, dass Kamen Rider eine Lebensleiste hat, wir also nicht nach einem verfehlten Input bereits eines der Leben lassen müssen. Hart ist das Spiel dennoch. Ich habe auf Easy gestellt und trotzdem lässt es einem kaum Zeit, auf die Inputs zu reagieren. Gerade was jetzt Taste A, B oder C ist, war schwer, da ich den Mega Drive Kontroller nicht gewohnt bin. Die Verfolgungsjagden, wenn nur eine beliebige Taste schnell gehämmert werden muss, waren hingegen super einfach. Und auch wenn man eine Lebensleiste gestellt bekommt, so zieht das Spiel reichlich davon ab, viele Misserfolge können sich also nicht geleistet werden.

Time Gal hingegen geht zurück auf Dragon’s Lair, erschien das Spiel doch wenige Jahre später in japanischen Arcades. Dank dem Mega Drive CD-Addon später auch für zu Hause und im Westen. Hier läuft ebenfalls ein Film, diesmal Anime, über den Bildschirm, und es heißt rechtzeitig die QTE-Button-Inputs zu betätigen, damit der Film weitergeht. Time Gal ist allerdings ungleich schwerer als das eh schon harte Kamen Rider ZO.

Zum einen liegt das am Interface. Kamen Rider ZO blendet die Knöpfe, die gedrückt gehören, direkt in der Mitte des Bildes ein. Time Gal hingegen hat vier Orbs am Bildschirmrand und je nachdem, welcher davon oder ob alle aufblinken, gehört jene Richtung oder der universelle Action-Button betätigt. Darauf, dass etwas in der Peripherie des Blickes aufblinkt, zu reagieren, ist natürlich schwerer, als etwas, was direkt in der Mitte auftaucht. Zudem kennt das Spiel keine Lebensleiste, einen Button falsch oder nicht rechtzeitig getätigt, und ein volles Leben ist futsch. Erneut, selbst auf dem Easy-Modus verlangt das Spiel unglaublich schnelle Reaktionszeiten ab. Zudem gibt es bei Time Gal keine „Pausenzeiten“, während derer einfach nur Film läuft bevor QTE-Segmente mit Titeleinblendung angekündigt werden, sondern es kommen beständig während der ganzen Laufzeit welche rein. Lediglich zwischen den Szenen, die in Epochen der Zeitreise unsres Anime-Mädels unterteilt sind, kann kurz verschnauft werden. Aber wenn auf dem Bildschirm was geschieht, kann auch ein QTE auftauchen.

Gerade bei den vielen und langen Input-Sequenzen von Time Gal kann ich mir nicht vorstellen, dass dort jemals jemand durchgekommen ist, ohne sich die Sequenz Button für Button niedergeschrieben zu haben, über wiederholtes Verfehlen. Aber selbst dafür hat Time Gal noch eine Antwort. Die Szenen können gespiegelt ablaufen, was die Inputs für Rechts und Links natürlich tauscht. Und das Spiel wählt zufällig aus. Selbst nach einem Ableben kann sich also nicht darauf verlassen werden, dass die gleichen Inputs kommen werden, da beim nächsten Versuch nämlich die gespiegelte Szene gewählt werden kann.

Zum Glück gibt es eine Option sich die beiden Spiele auch einfach als Film anzuschauen. Denn Kamen Rider ZO ist schon ein ganz cooles kurzweiliges Unterfangen, gerade dank der tollen Suit- und Gegnerdesigns. Und Time Gal ist voller charmanter und witziger Animationseinlagen (selbst für die vielen Tode), die man während des Spielens eh kaum wahrnimmt, weil ständig auf die Orbs am Rand des Geschehens geachtet werden muss.

Und ich mein, ich versteht ja warum die so überzogen schwer sind. Beide Spiele enthalten um die 30 Minuten an eigentlichen Szenen-Content. Damit damals die Kids Spielzeit für ihr Geld bekamen, war es halt so, dass ständiges Wiederspielen forciert werden musste, in dem es einfach Dutzende an Anläufe braucht, bevor tatsächlich einmalig komplett bis zu den Credits gekommen wurde. Spaß ist halt dennoch was Anderes. Von Kamen Rider schaut man sich besser eh den vollständigen Film an, und Time Gal… den charmanten Zeitreise-Trip dann eben als Longplay von jemandem, der den Nerv hatte, das Spiel auswendig zu lernen.

The Great Ace Attorney Chronicles

ava-2757Es gibt zwei langjährige Serien, bei denen ich es sehr schade fand, dass deren in altertümlichere Zeiten versetzte Einträge nicht Japan verließen. Aber dafür haben wir ja Remaster und Remakes. Statt sich über deren Existenz zu beschweren, ist es doch viel besser zu zelebrieren, dass durch sie Spiele einem neuen Publikum auf neuen Plattformen zugänglich werden. Eine jener Franchises war Ace Attorney, bei dem die beiden 3DS-Spiele, die sich Phoenixs Vorvater Ryunosuke im viktorianischen London widmen, erst in der Switch/PS4-Collection fünf Jahre später bei uns aufschlugen. Wen es interessiert: Die andere Franchise betrifft Yakuza Kenzan/Ishin, von denen wir wenigstens eines mittlerweile ebenfalls als Remake bekommen haben.

Ryunosuke ist ganz wie sein späterer Verwandter nicht gerade mit Glück gesegnet. Denn als ein britischer Professor in einem Restaurant tot aufgefunden wird, ist er der Hauptverdächtige. Und das auch noch in einem internationalen Mordfall, welche die britischen und japanischen Verhältnisse anspannen könnte. Doch sein bester Freund Kazuma, welcher Jura studiert, haut ihn aus der Bredouille heraus. Und hat anschließend vor, Ryunosuke mit ihm nach London zu schmuggeln, wo Kazuma unter dem britischen System weiter studieren soll. Es kommt zu Komplikationen auf der Überfahrt, Ryunosuke wird erneut der Verdächtige in einem Mordfall, und am Ende sieht er sich selbst statt Kazuma das Überseestudium antreten.

Spielerisch hat sich in den Grundzügen natürlich nicht viel geändert in der Reihe. Jeder Fall ist zwischen (mehreren) Investigations- und Gerichtsparts unterteilt. In ersteren sind wir am Durchsuchen der einzelnen Tatszenen nach Spuren und Bequatschen von Zeugen ob verbaler Infos. Und im Gericht werden dann selbstverständlich Zeugenaussagen mit jenen Infos und Beweismitteln auseinandergenommen, um unseren Angeklagt freigesprochen zu bekommen. In beiden Parts hat allerdings auch The Great Ace Attorney jeweils wie jedes Spiel ein eigenständiges Gimmick zu bieten.

Bei der Untersuchung wäre dies, dass der selbst-proklamierte Meisterdetektiv Herlock Sholmes seine eigene Investigation ausführt. Plötzlich wird er eine ganze Reihe an Verdächtigungen aussprechen, die alle hoffnungslos daneben lieben. Doch die Hinweise, die ihn zu jenen geführt haben, existieren tatsächlich. Als Ryunosuke ist es nun die Aufgabe des Spielers, die richtigen Schlüsse aus ihnen zu ziehen und Sholmes zu korrigieren. Während der Gerichtsfälle hingegen kommt die Jury neu hinzu. Ace Attorney lässt Verhandlungen ja immer gern so aussehen, als wäre der Karren vor die Wand gefahren, nur um einem dann doch in letzter Sekunde aus der Situation zu helfen. Hier ist es so, dass die Jury an bestimmten Punkten einfach festlegt sie hätten genug gehört und den Angeklagten schuldig spricht. Ryunosuke hat nun ein letztes Verhör, bei denen er die einzelnen Jurymitglieder ausfragt und ihre Aussagen gegeneinander ausspielen kann, um sie davon zu überzeugen, die Verhandlungen erneut aufzunehmen.

Wie immer liegen dabei die Stärken des Spieles auf den charmanten und quirligen Charakteren. Mit gutem Comedic Timing was die Animationen, Textpassagen und Soundkulisse angeht, welche die Serie schon lang perfektioniert hat. Die beiden Japaner Ryunosuke und Assistentin Susato sind dabei etwas bodenständiger als ihre modernen Counterparts, aber genau das mochte ich an jenen. Und natürlich haben sie immer noch cartoonige Manierismen zu bieten. Sherlock Holmes ist dafür umso überdrehter, aber netterweise nie zu anstrengend slapsticky. Vom Hauptcast, der in den meisten Fällen vertreten ist, fand ich wirklich alle ziemlich ansprechend und habe ihre Eskapaden miterlebt. Etwas weniger sagen kann ich das für einige Nebencharaktere. Gerade Schriftsteller Soseki und Taschendiebin Gina fand ich enorm anstrengend und die tauchen auch noch im zweiten Teil erneut auf.

Allgemein wirken die beiden Geschichten stark miteinander verbunden, ganz eindeutig ist der erste Teil mit dem Sequel direkt im Hinterkopf geschrieben worden. Zu viele Dinge bleiben unausgesprochen, zu viele Mysterien erhalten, zu viele eindeutig wichtige Charaktere hatten ihren großen Auftritt noch nicht. Das kann, wenn sich die beiden Spiele separat betrachtet wird, gerade das erste etwas schwächer aussehen lassen. Adventures mag nicht schlecht sein, aber die großen Überraschungen blieben noch aus. Die richtig wichtigen Fragen sind noch nicht beantwortet. Und eben Soseki und Gina nerven ziemlich. In Resolve hingegen kommt endlich alles schön zusammen und selbst Gina ist dort ein ganz guter Charakter geworden. Für Soseki gibt es hingegen auch dort keine Besserung.

Gefallen hat mir das Doppelpack aber auf jeden Fall. Es ist mehr Ace Attorney, was nie schlecht ist. Das andere Setting war mal Abwechslung. Die Fälle kamen mir diesmal nicht ganz so strapaziert lang vor. Natürlich gibt es weiterhin die Serien-Probleme, dass durch etliche Dialog-Reifen gesprungen werden muss, bis das Spiel endlich die Hauptdiskrepanz durchlässt, auf die man selbst schon seit der ersten Zeugenaussage hinauswill. Das wird durch die Linearität der Spiele aber immer irgendwo vorhanden sein.

Die Collection an sich hat zudem übrigens noch nettes Bonusmaterial zu bieten. Wie Concept Artwork, Trailer, aber auch kleine Nebengeschichten zu allen Fällen des ersten Teiles. Nebst hübschen Alternativkostümen für das zweite Abenteuer, die ursprünglich DLC waren. Ins Bonusmenü reinschauen lohnt sich also.

Nakayama Miho no Tokimeki High School

ava-2755Heute ist Valentinstag, warum sich also nicht mal einem Spiel widmen, dessen Ziel es ist, sich zu verlieben? Langjährige Leser des Blogs wissen ja bereits, dass ich gern Dating Sims und Romance Visual Novels spiele. Heute haben wir es mit einem Kuriosum aus jener Ecke der Telespiele zu tun, nämlich einem bereits 1987 erschienenen Game von Nintendo für deren japanisches Disc System Erweiterung des NES. Seit letztem Jahr fanübersetzt in Englisch spielbar.

Bei besagtem Spiel handelt es sich um Idol Hotline: Nakayama Miho no Tokimeki High School – keine Relation zum 7 Jahre später das Dating Sim Genre zementierenden Konami-Erfolgshit Tokimeki Memorial. Manchmal wird das Spiel auch ohne das Idol Hotline geführt, da jener Zusatz tatsächlich nur auf der Box aber nicht im Hauptmenü auftaucht. Dabei passt er wirklich so gut zum Gimmick des Spieles. Einem von Dreien zumindest.

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Das erste Gimmick wäre nämlich bereits ein anderer Teil des Titels: Nakayama Miho. Dies ist der Name eines Charakters im Spiel, aber tatsächlich auch der Name eines echten Idols. Sie wurde 1985 im Alter von 15 Jahren entdeckt, scheint vor allem Ende der 80er bis Mitte der 90er ihre goldene Ära gehabt zu haben, ist aber bis heutzutage aktiv was Gesang und Schauspiel angeht. Sie ist also ein Urgestein in der japanischen Prominenten-Szene. Und Nintendo sicherte sich eben frisch in ihrer Karriere die Rechte ihr Gesicht und Namen für das Spiel benutzen zu dürfen. Auch wenn der 2D-Charakter im Spiel natürlich der Realität nicht sonderlich nahekommt.

Die Handlung dreht sich darum das wir gerade an eine neue High School versetzt wurden, und dort prompt ein Mädchen treffen, welches genau wie unser liebstes Pop Idol Miho aussieht. Es ist auch relativ schnell herausgefunden, dass das sogar tatsächlich die echte Miho ist. Nun heißt es sowohl ihr Geheimnis den Mitschülern gegenüber zu wahren, als auch genug Zeit mit ihr verbringen zu können, so dass sie sich in uns verliebt.

Spielerisch gestaltet sich das in Form eines Adventure Games. Mit Charakteren reden und über Menüoptionen auswählen, ob mit etwas im aktuellen Bildschirm interagiert werden, noch mehr geredet, oder einfach woanders hingegangen werden soll. Man klickt sich halt so durch, wobei das Spiel durchaus auch Game Over Enden hat, wenn an gewissen Stellen das Falsche gemacht wird. Es ist also gut, dass es mittlerweile übersetzt ist, damit mehr Leute verstehen, was überhaupt abgeht. Multiple Choice Antworten gibt es nämlich auch auszuwählen, und hier kommt ein weiteres Gimmick hinein – zusätzlich zur Antwort an sich kann an einigen Stellen auch festgelegt werden, mit welchem Gesichtsausdruck dies geschieht. Es ist also nicht nur zu sagen, was Miho mag, sondern auf die Art und Weise, wie sie es hören will.

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Das dritte Gimmick bringt eine weitere Verständnishürde mit sich und ist der Hauptgrund, warum man sich dennoch einen Guide bei Hand nehmen sollte. Das Idol Hotline und Mihos Bild mit Telefonhörer auf dem Cover kommen nämlich nicht von irgendwo. An mehreren Stellen des Spieles wird ein NPC einem sagen, man habe gerade einen Anruf von Miho verpasst hat und einem eine Telefonnummer überreichen. Diese sollte der Spieler nun tatsächlich wählen, um ein von der echten Nakayama Miho eingesprochene Nachricht abzuhören. Das kann teilweise nur etwas mehr Handlungstext sein, wie das sie sich dafür entschuldigt, wegen eines Auftrittes doch keine Zeit gehabt zu haben, sich mit einem zu treffen. Es kann aber auch ein Hint fürs Weiterkommen darin versteckt sein, wie wenn sie einem von ihrem Versteckfach im Piano des Musikraumes erzählt. Jene Sprachnachrichten waren also integraler Bestandteil der Erfahrung. Und sind selbstverständlich schon lang nicht mehr erreichbar. Gut also, dass sie in Guides katalogisiert waren und so zumindest nachgelesen werden kann, was jetzt eigentlich angehört hätte werden sollen.

Ehrlich gesagt ist nicht viel dran am Spiel. Es ist extrem kurz und hat wenig Charaktere und Bildschirme zu bieten. Sich irgendwie durchwursteln kann man sich schon, das Ding dauert vielleicht eine Stunde zum Ende. Mit einem von zwei Enden, wobei die Entscheidung welches davon geschieht auch in der letzten Konversation mit Miho fällt und daher schnell fürs andere erneut probiert werden kann. Ein Spiel also, welches hauptsächlich als Kuriosum seiner Zeit interessant ist.

Nothing Lasts Forever: SOMA

ava-2750Horror kann in vielen Formen kommen. Denn was jemandes Adrenalin zum Pumpen bringt kann sehr unterschiedlich sein. Jeder hat Angst vor anderen Dingen. Natürlich ist es immer einfach Horror zu identifizieren, wenn ein Monster oder Killer umgeht und in düsterer Nacht mit Jump Scares Leute meuchelt. Aber Horror geht auch ohne direktes Monster. Auf eine existentielleren Basis. Etwas, was das heutige Spiel beispielsweise mit benutzt.

Als da wäre SOMA, welches vom Team hinter Amnesia kommt, und bei dem nicht unwesentlich wenige Leute etwas enttäuscht waren zu Release. Denn sie erwarteten mehr Horror in Form von Amnesia eben, nur im neuen Setting. Stattdessen bot das Spiel eher ein atmosphärisches Walking Sim, bei dem Monster so gut wie nie auftauchen. Wie Machine for Pigs also, statt The Dark Descent. Das ist doch kein “richtiger” Horror, wenn die eigene Spielfigur so gut wie nie wirklich in Gefahr ist! Vielleicht, aber dafür erinnert einen das Spiel beständig an die eigene Sterblichkeit.

In SOMA übernehmen wird die Rolle eines Charakters, der eine neue experimentelle Heilung für seine Krankheit sucht. Dies inkludiert sein Hirn scannen und in ein Mainframe laden zu lassen. Kurz danach wachen wir plötzlich in einer dunkle Sation unter Wasser auf, in der eindeutig was schiefgelaufen ist. Die wenigen anderen Leute, die wir treffen, sind entweder Menschen, die gegen ihren willen an biomechanische Geräte angeschlossen sind, oder in Robotern stecken aber dies nicht zu merken scheinen.

Spielerisch ist das Erlebnis auf den ersten Blick gar nicht mal so ungleich Amnesia. In First Person bewegen wir uns durch die verschiedenen Stationen des Unterwasserkomplexes. Wir suchen hier und dort nach einem Weg, um weiterzukommen, oder finden eine Aufzeichnung, welche uns Backstory gibt. Oder eben hier und dort tatsächlich einen NPC, mit dem wir reden können. Ja selbst ein paar Gegner streifen vereinzelt in einem Bereich herum, an denen vorbeigeschlichen oder vor denen weggerannt werden muss. Wobei das Spiel mal wieder häufiger Gefahr vorgaukelt, als einem wirklich nahe ist. So richtig unheimlich war für mich zumindest nur eine Instanz. Wenn man im Server-Raum um die ganzen Computer schleichen muss, während ein Monster sich ebenfalls hier herumbewegt und zustäzlich Krach machende Gegenstände herumliegen, über die gestolpert werden kann.

Aber SOMA geht es eben auch gar nicht so sehr darum, dass man Schiss hat. Stattdessen geht es dem Spiel um die melancholisch-depressive Stimmung. Und darum, dass man die Handlung entdeckt und dessen Implikationen durchdenkt. Deswegen eben auch wesentlich mehr Notzizen und NPCs als in vergleichbaren Spielen.

Was geschehen ist, ist dabei relativ schnell klar, wenn man Eins und Eins zusammezählen kann. Ganz eindeutig können wir ja nicht im Doktorstuhl eingeschlafen und plötzlich in einer Unterwasserstation aufgewacht sein. Klar könnte dies eine Halluzination darstellen. Aber wie gesagt finden sich bereits im ersten Gebiet des Spieles Roboter, die davon überzeugt sind, dass sie Menschen wären. Von daher ist es wahrscheinlich, dass wir selbst wohl unseren menschlichen Körper schon lange nicht mehr haben, sondern lediglich unser gescanntes Ich in einem mechanischen Körper aufgewacht ist. Später finden wir sogar noch heraus, dass ein Meteorit eingeschlagen ist und die Menschheit ausgerottet hat, abgesehen von der Gruppe an Forschern im Unterwasserinstitut. Und dadurch kommt der existentielles Horror hinein.

Wie würde man beispielsweise selbst reagieren, wenn man herausfinden würde, dass es keine Zukunft für die Menschheit mehr gibt? Viele der Forscher sind natürlich durchgedreht. Außerdem… was macht einen Menschen aus? Einfach nur die eigene Wahrnehmung? Ist das eigene Ich in eine Maschine transferiert auch ein Lebewesen? In SOMA beispielsweise ist ein ein Hauptpunkt, dass die eigene Wahrnehmung einem vorgkaukelt, alles wäre noch Ok. Selbst wenn das Sein in einer Maschine steckt, versucht einem die Eigenwarhnehmung weiterhin einen menschlichen Körper zu haluzinieren, weil die Realität nicht verkraftet werden kann. Deswegen findet der Hauptcharakter Dinge auch erst heraus, nachdem sie für den Spieler lang offensichtlich waren. Sein Hirn baut regelrecht Wände auf, um ihn vor gewissen Wahrheiten zu schützen. Und ein ganz besonders großer Punkt in SOMA ist die Ewigkeit oder das Fehlen davon. Das Spiel kulminiert darin, dass das Arc-Project von uns eventuell doch noch ausgeführt wird. Ein Projekt, bei dem alle Forscher ihr Hirn haben scannen und in eine virtuelle Realität haben einspeisen lassen. Dies ins All zu schießen, wo es via Solarenergie weiterlaufen wird, war ihr Ziel.

SOMA macht es sehr deutlich, dass dies keine Unsterblichkeit bedeutet. Das eigene Bewusstsein scannen und woanders hin transferieren zu lassen macht einen Klon von uns, es ist nicht das eigene Selbst mehr. Das Neu-Ich hat die genau gleichen Erinnerungen und die gleiche Persönlichkeit wie das Alt-Ich bis zum Punkt des Scannens, aber von da ab sind beide unabhängige und voneinander gesplittete Persönlichkeiten. Das Arc-Ich im Weltraum wird in der Simulatoin weiterleben, aber das Alt-Ich, von dem das Arc-Ich gescannt wurde, wird dennoch auf der Erde zurückbleiben und dort sterben. SOMA lässt es dem Spieler offen zu entscheiden, ob das Arc-Project es trotzdem wert ist oder ob wenn das gerade wahrgenommen Ich nicht weiterleben kann einem eh alles egal sein kann. Doch das es für das jetzige Ich keine Zukunft gibt, die Tatsache macht das Spiel einem wiederholt sehr deutlich. Auch wenn erneut der Charakter im Spiel davon überrascht wird – wie gesagt thematisch funktionierend, da er sich einer so enormen unangenehmen Wahrheit nicht bewusst sein will.

War schon ein sehr nihilistisches Erlebnis dieses SOMA. Aber eines, welches ich definitiv absolut top fand. Vielleicht auch, weil ich selbst manchmal eine kleine Obsession mit der eigentlichen Sterblichkeit und der Nicht-Existenz einer Ewigkeit (selbst das Universum hat irgendwann begonnen und wird irgendwann enden) habe. Von daher schlugen die Themen dieses atmosphärischen Horror Walking Sims genau in meine Kerbe.

Game Quickies: Of fake Castlevania, Nancy Drew, and kissing Monsters

ava-2748Es ist wieder Zeit für einen kleinen Beitrag über kleinere Spiele, zu denen sich keine halbe Tausendschaft und mehr an Worten lohnen würde. Nicht unbedingt weil die keine lohnenswerte Spiele sind, sondern weil es eben einfach nicht viel von meiner Seite aus zu sagen gibt. Diesmal geht es übrigens hauptsächlich um gruselige Games, beziehungsweise dessen angelehnte.

Bloodstained: Curse of the Moon

Das bekannteste Spiel, über welches wir Heute reden werden. Als kleine Dreingabe zum Hauptspiel Bloodstained: Ritual of the Night, dem quasi Castlevania-Nachfolger, erschienen, und im Gegensatz zum Hauptspiel sogar mittlerweile mit einem Sequel bedacht worden. Von Inti Creates hart auf Retro designt ist es sogar stark an Castlevania III angelegt. Sprich es ist kein Metroidvania, sondern die Stages sind weitestgehend linear mit eventuell einem kleinen Offshoot oder so. Es gibt mehrere Charaktere mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die eingesammelt (oder für ein anderes Ende ignoriert) werden können.

Alles sehr auf 8bit-Optik, auch wenn ähnlich Shovel Night meist doch etwas zu viel Detail für “echte” NES-Optik drin ist. Sieht dennoch schön nostalgisch aus und spielt sich auch schön nostalgisch. Besonders die Bosse sind groß und interessante Fights. Und alles ist netterweise wesentlich einfacher wie damals zu primitiveren Konsolenzeiten. Gerade auch, weil eben jederzeit zwischen den Charakteren gewechselt werden kann (soweit man sie einsammelt) und somit mehrere Lebensleisten zur Verfügung stehen, um durch ein Stage zu kommen. Obendrauf gibt es dann noch einen Casual Mode, in dem die Leben unbegrenzt sind, und somit ein Stage so häufig wie nötig neu angegangen werden darf. Ich hatte meinen Spaß daran, mich in jenem Modus für 2-3 Stunden durch das Spiel zu schlagen.

Nancy Drew: Ghost of Thornton Hall

Das andere kommerzielle Spiel in der heutigen Riege ist ein Adventure Game der Marke Nancy Drew. Davon gibt es ja reichlich. Diesmal kommt unsere Teenie-Detektivin eben bei Thornton Hall an, um das Verschwinden einer jungen Frau zu investigieren. Und stöbert dabei so einige Geheimnisse einer alteingesessenen Familie und dem angelblichen Spuk in deren alten Anwesen auf. Mit Geistererscheinungen und allem. Wobei in bester Nancy-Drew-Manier hier mehr mit Leuten geredet und mehr über die Charaktere und ihre Verbindungen untereinander herausgefunden wird. Was nicht bedeutet, dass nicht auch ausreichend gepuzzelt werden muss. Davon gibt es auch so einige, aber die Spiele haben schon immer einen starken Augenmerk auf ihre Charaktere gelegt.

War ein nettes 5-Stunden-Spiel. Ein wenig Rätseln, ein wenig Ausfragen. Gute Atmosphäre und ich mag jenes Flair einer alten ehemals hoch-angesehenen Südstaatenfamilie, die in den Ruin geschliddert it. Da bin ich eventuell durch Anne Rice gut angefixt worden in meiner Jugend, die ebenfalls gern über den Verfall ehemalig glamoröser Menschen schrieb.

First Kiss at a Spooky Soiree

Hier haben wir es mit einem kleinen Romance Visual Novel zu tun, bei dem eine niedliche Hexe zu Halloween auf eine Party geht, auf der alle möglichen süße Monsterwesen feiern. Über ein paar Multiple Choice Antworten führt das zu verschiedenen Enden. Im Prinzip geht es Titelgebend natürlich darum, dass die Kleine ihren ersten Kuss haben will, und der kann sich eben neben einem nerdigen Dämonen auch von einer Hundedame oder der besten Freundin abgeholt werden. Alles sehr kurz, ein Durchklicken dauert 5-10 Minuten, aber sehr charmant und sich vor allem durch das super niedliche Charakterdesign und einen diversen Cast and Charakteren auszeichnend. Umsonst auf Itch-dot-io zu haben. Link

The Spooky House

Ein weiteres kostenloses Spiel, diesmal sogar im Browser spielbar, welches sich ebenfalls an Retro-Optik anschmiegt. Diesmal wirkt es wie ein Adventure Game der allerersten Computer. Das Bild ist konstant nur in zwei Farben gehalten, schwarzer Hintergrund und gelb für die ikonographischen Grafiken. Wir übernehmen jemanden in einem verwunschenen Haus, der es eben wieder aus jenem hinaus schaffen will. Es wird mit einigen Objekten interagiert, um Items aufzunehmen, die wieder andere Hürden aus dem Weg räumen. Ich glaube sterben kann man gar nicht, lediglich kurz steckenbleiben. So groß ist das Haus ja nicht und im Notfall kann alles noch mal durchsucht werden, ob nicht noch ein Gegenstand oder eine Interaktionsmöglichkeit übersehen wurde. Erneut ein feines kleines Spielerlebnis für kurz zwischendurch. Optional findbare Diamanten regen dazu an, nach dem ersten Durchspielen erneut noch gründlicher hindurchzugehen. Link

Zermatt Zero

Wir bleiben uns treu mit einem weiteren kostenlosen Fake-Retro-Spiel. Zermatt Zero bietet das Ausehen eines PC98-Titels, sprich relativ detaillierte Pixelgrafik mit überschaubarer Farbpalette und vor allem Anime-Designs für die Charaktere. Hierin sind wir auf einer Raumstation mit einem Monster gefangen. Erneut geht es darum einen Weg von hier herunter zu finden. Das Monster ist dabei immer nur zu hören, nicht tatsächlich akustisch, sondern die Charaktere an sich machen Anmerkungen, ob sie es im Nebenraum, oder auf dem gleichen Stockwerk, oder doch gar nicht in der Nähe bemerken. Nun geht es also darum, alle Räume nach Charakteren und hilfreichen Interaktionen zu durchsuchen, um die Rettungskapsel wieder in Schuss zu bringen. Immer darauf achten, dass das Monster weit genug entfernt ist und uns nicht währenddessen erwischt. Erstaunlich effektives kleines Spielchen. Link

The Curse of Rabenstein

Und auch das letzte Spiel im Bunde ist ein kostenloser Indie mit Retro-Grafik. Angelehnt an alte Computer Adventure Games, diesmal mit Text-Parser. Auf jedem Bildschirm wird ein kleines Pixelgrafik-Bild eingeblendet, welches dem Spieler den generellen Look der Umgebung darstellt. Genauer beschrieben ist die Szenerie dann im Text darunter. Auf dem ersten Bildschirm sehen wir beispielsweise einen Waldrand und der Text sagt uns, dass wir mit einer Kutsche hier gestrandet sind, die Pferde und der Kutscher mit uns hier stehen, und der einzige Ausgand nach Norden ist. Nun kann beispielsweise mit dem Kutschenführer für mehr Infos gesprochen werden. Oder wir durchsuchen die Kutsche, den Waldrand, den Boden. Oder gehen nach Norden zum nächsten Bildschirm. Was auch immer der Text-Parser eben so alles zulässt und zu mehr oder minder hilfreichem neuen Text führt.

Wie sich herausstellt geht ein Vampir im nahegelegenen Dorf um und wir müssen jenen irgendwie aufhalten. Erneut in dem immer schön alles durchsucht und aufeinander angewandt wird. Ich finde Parser-Spiele ja immer etwas schwer mein Hirn drum zu wickeln, übersehe irgendwas zu finden oder anzuwenden, aber für so ein kurzes überschaubares Spiel ist das durchaus sehr nett gewesen. Link

Losing Family: Rime & What Remains of Edith Finch

ava-2741Wenn es um Spiele geht, so habe ich ein Faible für Moodpieces. Das kann ein sogenanntes Walking Sim sein, welches immer von anderen etwas abwertend gemeint ist, weil man abgesehen vom Rumlaufen eben quasi nichts machen muss. Aber auch Spiele, die Puzzle oder Ähnliches enthalten, können darunterfallen, wenn eben die Atmosphäre drumherum wesentlich wichtiger ist. Es ist ein Vibe, wie man heutzutage so gern sagt. Zwei solcher Spiele habe ich dieses Jahr gespielt. Beide haben eine Thematik gleich: Sie drehen sich um die Verarbeitung von verstorbenen Familienmitgliedern.

Ersteres davon ist Rime, welches generell als RiME stilisiert wird. Wir beginnen das Spiel als ein Junge, der am Strand einer Insel angespült aufwacht. Nun geht es darum, diese zu erkunden. Ein paar Puzzle fürs Weiterkommen zu erfüllen. Einem süßen Fuchs zu folgen, falls wir verlorengehen. Doch häufig sehen wir in der Distanz eine erwachsene Figur in einem roten Mantel. Immer unerreichbar. Während des Spielverlaufs gibt es ein paar Flashbacks, die das etwas aufdecken. Wir waren auf einem Boot mit dem Rotgewandeten, gerieten in einen Sturm und wurden über Bord gespült. So richtig komplett was der Kontext ist wird allerdings erst im Epilog offenbart. Wobei die Tatsache, dass die fünf Stages des Spieles nach den fünf Stadien der Trauer benannt sind, nicht subtil ist. Wer allerdings hier seine Trauerbewältigung betreibt vielleicht schon.

Was ich dabei ziemlich interessant fand ist, dass Rime damit nie sonderlich offensichtlich ist. Wenn die Stages nicht entsprechend benannt wären, ich glaube nicht, dass ich das Thema erkannt hätte bis es zu besagtem Epilog kommt, der es einem deutlich macht. Für mich war es einfach eine schön anzusehende Spielwelt, die atmosphärisch auf mich wirkte. Ob nun die Lichtdurchflutete Insel mit den weißen Turmbauten, oder die heißen Dünen der Wüste, die mysteriösen Ruinen mit ihren antiken Mechanismen. Hin zum dunklen und konstant unter Regen bestehenden abstrakten Quaderfeld. Es ist schon genug, die Spielwelt einfach auf sich wirken zu lassen. Zudem führt es sicherlich zu einem guten Replay, mit der Kenntnis, worum es wirklich geht. Um zu sehen wie die Symbolik in das Hauptthema hineinwirkt.

Ich fand übrigens auch die Puzzles ganz nett. Viel ist Umgebungspuzzeln. Den richtigen Kletterweg finden, Schalter und ähnliche Dinge manipulieren, alte Gerätschaften wieder in Betrieb nehmen. Besonders interessant sind allerdings die Perspektivenpuzzles gewesen. Wenn Bruchstücke entsprechend aufgereiht gehören, um von einem Ausschaupunkt aus jene wieder vervollständigt zu sehen, was magisch genau dies macht. Ich finde schon das gut Abwechslung geboten wird. Im zweiten Stage gibt es sogar einen fliegenden Gegner, vor dem immer in verstreuten Ruinen Unterschlupf gesucht werden muss. Keine davon sind allzu schwer, da es immer gute optische Lösungshinweise gibt.

Und wie gesagt, für mich ist RiME sowieso eher so ein Flow-Piece. Bei dem es zum Konzept gehört sich nicht allzu lange an einer Stelle festzuhängen, sondern es relativ geschmeidig an sich vorbeiziehen und auf einen wirken zu lassen. Hat mir jedenfalls richtig gut gefallen in seiner meditativ kurzweiligen Art.

What Remains of Edith Finch ist da ganz anders. Bodenständiger, aber irgendwie auch nicht. Offensichtlicher in der Message, aber eventuell doch nicht. Und das, was in der Regel als Walking Sim benannt wird.

Auch hier starten wir auf einem Schiff. Statt in die Fluten zu fallen öffnen wir allerdings lediglich das Journal von Edith Finch. Edith Finch Junior um genau zu sein. Via Geschichte in einer Geschichte spielen wir nun Edith Jr zu dem Moment, wo sie zum Familienhaus, in dem sie aufgewachsen ist, zurückkehrt. Es ist ein merkwürdiges Gebäude. Eines, in dem sich Edith nie ganz wohlgefühlt hat. Wahrscheinlich auch wegen der Auseinandersetzungen zwischen ihrer Mutter und Großmutter, Edith Finch Senior. Die Finches sind als Familie von Europa nach Amerika übergesetzt. Mit ihrem Haus, welches allerdings kurz vor der Küste kenterte. Edith Seniors Vater starb dabei. Dennoch wurde ein neues herrschaftliches Haus errichtet. Mit permanenten Blick auf das Meer, das ihr den Vater nahm.

Das Haus sollte drei Generationen an Finches aufwachsen sehen. Und sie auch sterben sehen. Denn die Familie scheint seit der Überfahrt unter einem Fluch zu stehen, der sie eher früher als später umbringt. Das nun leere Haus ist voller Räume, in denen die Erinnerungsstücke der Kinder, Enkel und Großenkel von Edith Sen aufgebahrt sind. Die Räume in der Zeit stehengeblieben, als sie noch lebten, von Edith unter Verschluss gehalten. Die merkwürdige Optik des überfüllten Hauses kommt zum Teil auch daher, dass für neue Generationen wild Anbauten erstellt werden mussten, da die Räume der Verstorbenen nie geräumt wurden.

Und so wandert Edith Jr durch das Haus. Findet die verstecken Schlüssel und Mechaniken, um von einem Raum zum anderen zu kommen. In jedem davon eine andere Art der Niederschrift, wie es zum tragischen Tod des ehemaligen Bewohners kam. In einer Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte spielen wir nun also auch jene letzten Momente der Finches nach. Und das teils wirklich sehr interessant präsentiert. Fantastisch sogar. Beispielsweise jene, bei der wir einen Drachen fliegen lassen und wo die Worte der Narration im Himmel erscheinen. Um im Text weiterzukommen müssen wir also jene schon gelesenen Sätze erst mit dem Drachen zerstören. Eine andere Gesichte nimmt uns sogar komplett in die Traumwelt eines in einer Fabrik arbeitenden Finch mit. Während wir beständig Fische enthaupten schleicht sich dessen Tagtraum einer heroischen Reise bis hin zum Königsthron immer mehr über unser Sichtfeld. Der gefallene Kinder-Hofforfilm-Star wird uns in einem Comicheft präsentiert, inklusive lizenziertem Halloween-Theme von John Carpenter.

Was uns dies aber auch zeigt, ist, dass wir nicht alles einfach so glauben können. Dies sind die fantastischen Varianten der Niederschrift über jene Toten. Manchmal ist offensichtlicher, wie sie starben, oftmals muss man es sich zusammenreimen. Der Finch, der so lange schaukelte, bis er seinen Traum vom Fliegen verwirklichte flog natürlich nicht wirklich, sondern stürzte wahrscheinlich in den Tod, auch wenn die Geschichte das so nicht direkt anspricht. Und damit als Absprungspunkt lässt sich mehr am ganzen Familienmythos des Todesfluches hinterfragen. Edith Sen schien eine regelrechte Obsession damit entwickelt zu haben. Nach ein paar tragischen Unglücken eventuell verständlich eine wie auch immer gearterte Erklärung zu suchen. Aber jene Räume unter Verschluss zu halten, weitere Generationen konstant an jenen angeblichen Fluch zu erinnern, das ist schon ziemlich obsessiv. Statt Trauerbewältigung das perfide Klammern an die Toten. Zumal wir herausfinden, dass Edith Finch Sen ins hohe Alter lebte. So viel also dazu, dass alle jung dahingerafft werden.

Eine interessante Geschichte, interessant erzählt. Und mit genug nur vagen Andeutungen in einigen Fällen, um sich seinen eigenen Reim drauf zu machen, wie der Familienstammbaum wirklich thematisch zusammenkommt.

Adventure Week: Erica

ava-2723Willkommen zurück im Genre des interaktiven Filmes. Und diesmal meine ich kein Spiel von David Cage oder Supermassive Games, bei denen hat man noch viel zu viel Kontrolle über den eigenen Charakter. Nein, Erica ist tatsächlich schlichtweg ein Live Action Film, mit dem immer mal wieder interagiert wird.

Via Touchscreen, was es sehr Smartphone- und Tablet-tauglich macht. Ich habe auf der PS4 gespielt und musste mich schon erstmal darin einleben, alles mit dem Touchpad in der Mitte des Kontrollers zu aktivieren. Alternatives Kontrollschema wäre nett gewesen, aber man gewöhnt sich schon mit der Zeit dran.

Die Spielzeit ist die gewohnten 90-120 Minuten eines abendfüllenden Spielfilmes. Denn das ist Erica eben. Eine Szene wird gespielt, und hier und dort darf mal selbst ein Karton geöffnet oder ein Feuerzeug angeheizt werden, in dem in die richtige Richtung getouched wird, um den Schein der Interaktion aufrechtzuhalten. Was nicht bedeutet, dass es nicht auch wichtige Interaktionspunkte gibt. Auszuwählen, wie Erica in Gesprächen reagiert, oder welche von mehreren Richtungen sie investigiert zum Beispiel. Auf diese Art und Weise werden neue Puzzle-Teile der Handlung und versteckten Geheimnisse herausgefunden, um dann später selbst entscheiden zu können, welchen Charakteren sie trauen kann und was die richtigen Handlungsweise ist.

Das Film-Spiel dreht sich also um Erica. Als Kind hat ihr Vater ihr erzählt, dass sie besonders ist, weil sie wie ihre Mutter Visionen haben kann. Kurz darauf fand Erica ihn ermordet und mit einem Symbol in die Brust geritzt vor. Der Fall wurde nie aufgeklärt.

Mittlerweile ist Erica erwachsen und findet in einem Päckchen vor ihrer Haustüre eines Tages eine abgetrennte Hand. Mit dem gleichen Symbol, welches in den Körper ihres Vaters geritzt war. Als sicherer Unterschlupf wird sie ins Delphi House gebracht, einer Nervenheilanstalt, die von ihrem Vater mitgegründet wurde und in der ihre Mutter arbeitete. Doch der Schein der helfenden Anstalt mag trügen.

Was ich am Spiel besonders interessant fand, ist, dass nie alles in einem Durchlauf herausgefunden werden kann. Erica wird nie das komplette Bild dessen sehen, wer genau wie involviert ist und was genau vor sich geht. Zum einen regt das weitere Durchläufe an, um auch andere Aspekte der Handlung zu erforschen. Aber es ist auch einfach interessanter, wenn gegen Ende folgeschwere Entscheidungen getroffen werden. Was habe ich als Spieler und dadurch Erica als Charakter herausgefunden? Wie wäge ich das ab? Wem vertraue ich? All das bleibt ein wenig offen im ersten Durchgang, wenn nur partielle Informationen bekannt sind. Und macht es meiner Meinung nach wesentlich interessanter die Entscheidungen zu treffen und die Folgen wahrzunehmen, als wenn wirklich alles eindeutig klar wäre. Ich bin fast gewollt, meinen einen Durchgang so stehenzulassen, anstatt Erica für verpasste Szenen und andere Enden erneut zu spielen. Die Ambiguität nicht alles mitbekommen zu haben und nicht genau zu wissen, ob ich jetzt das „objektiv Richtige“ gemacht habe, hat was für sich. Erica würde immerhin nicht von vorn beginnen können und stattdessen mit dem leben müssen, was in einem Durchlauf-Narrativ geschehen ist.

Mir hat Erica gefallen. Es ist gut gefilmt und geschauspielert und ein interessant-mysteriöser Zeitvertreib für eine abendliche Spiel-Session.

Adventure Week: Man of Medan

ava-2722Supermassive Games existieren bereits eine Weile, immerhin haben sie zu solchen Sony-Franchises wie Little Big Planet und Killzone beigetragen. So richtig bekannt sind sie allerdings für ihre aktuelle Nische: Interaktive Horrorfilme. Begonnen mit dem sehr erfolgreichen Until Dawn und neuestens herausgebracht The Quarry. Doch dazwischen angesiedelt ist ein weiteres Project: The Dark Pictures Anthology.

Dessen Konzept ist im Prinzip die gleiche Erfahrung abzuliefern, aber in kleineren, schneller produzierten Happen. Zwischen 2019 und 2022 sind vier Spiele in der Dark Pictures Anthology erschienen, die mittlerweile als Season 1 bezeichnet werden, scheinbar ist das Projekt also erfolgreich genug, um weitere Spiele für eine nächste Season zu bringen. Man of Medan ist die erste Episode in jenem Projekt und wird häufig frei spielbar gemacht, um den Appetit anzuregen.

Supermassive mochten wohl den Psychiater-Rahmen von Silent Hill: Shattered Memories und ihrem eigenen Until Dawn. Denn auch Man of Medan hat etwas ähnliches. Immer mal wieder springen wir in eine Bibliothek mit dem Curator, der kurz kommentiert, wie wir uns in der letzten Szene geschlagen haben, etwas mysteriös brabbelt, und fragt ob wir Hilfe für die nächste haben wollen. Dieser Rahmen scheint aber letztendlich wenig mit der Geschichte an sich zu tun zu haben, im Gegensatz zu beiden vorher genannten Spielen, die später offenbaren, wo diese Sessions in das Hauptnarrativ passen. Ich bin mal gespannt, ob es am Ende der Season einen Payoff gibt, oder ob dieser Rahmen letztendlich wirklich nur dazu da war, damit die einzelnen Spiele eine Verbindung miteinander haben. Denn als Anthologie-Serie ist natürlich jeder Eintrag eine in sich geschlossene Story, die nicht im nächsten Spiel fortgeführt werden wird.

Die eigentliche Handlung von Man of Medan beginnt mit einem kurzen Prolog im Zweiten Weltkrieg. Zwei Soldaten kommen zurück aufs Schiff, welches gerade mysteriöse Kisten eingelagert hat. Etwas tritt aus ihnen aus und plötzlich sind alle im Gefahrenzustand.

Der Hauptteil des Spieles findet nun in der aktuellen Zeit statt, in der eine Gruppe junger Erwachsener auf Tauchtour geht, um unentdeckte Schätze zu finden. Und dadurch auf die Spur jenes verschollenen Kriegsschiffes kommt, welches einen Schatz verwahrt haben soll. Verkompliziert wird das noch, als sie an eine Gruppe Fischer geraten, die herausfinden, was sie vorhaben, und es ebenfalls auf den angeblichen Schatz abgesehen haben.

Man of Medan besteht nun aus ungefähr 4-5 Stunden, um das halbe Dutzend Charaktere durch jenes Setup zu bewegen. Wie gewohnt besteht das Gameplay hauptsächlich daraus, sie Gänge hinunterzusteuern, bis eine Multiple-Choice-Entscheidung anfällt, oder über QTEs Gefahren auszuweichen und Hintergrundinfos herauszufinden sind. Je nachdem, welche Entscheidungen sowohl in Gesprächen wie in Reaktionen getroffen wurden, und was alles an Infos bekannt ist, führt das in verschiedene alternative Szenarien der Haupthandlung. Ähnlich den Totems in Until Dawn gibt es sogar diverse Bilder, die zu betrachten kurze Flashes der Zukunft bringen, die in der Regel aber konfus genug sind, um nicht wirklich ein hilfreicher Handlungstipp für die gezeigte Situation zu sein.

Ich mag das. Bin sowohl ein Fan vom Spielgenre „interaktiver Film“ als auch ein Fan von Horror-Anthologien. Ich finde die Idee eine sehr gute, kürzere in sich geschlossene Film-Spiele herauszubringen. Die alle einen kleineren Happen des Genres präsentieren. Eine fokussiertes Erlebnis, welches nicht 10 Stunden füllen muss, sondern mehr auf den Punkt sein kann. Ich hoffe ja, dass sobald der letzte Teil eine Weile draußen ist, eine Kollektion aller vier Spiele erscheint. Würde ich sofort kaufen.

Mein Problem mit Man of Medan ist allerdings, dass es nicht sonderlich unheimlich war. Der Plottwist des Spieles ist extrem einfach herauszufinden. Schlichtweg weil sehr viel Forshadowing betrieben wird. Wir sehen den Nebel im Prolog aus den Kisten kommen und anschließend ist jeder panisch auf dem Schiff. In der heutigen Zeit befinden sich diese Schwaden immer noch überall in den Räumen, die unheimlichen Erscheinungen werden erst mit der Zeit stärker, und es gibt zahlreiche Infoblätter und Zeitungsartikel darüber zu finden, wie im WWII nach neuen Waffen geforscht wurde. Es ist schnell klar, dass das Schiff eine biochemische Waffe geladen hat – das ausgetretene Gas, welches Kontaktpersonen halluzinieren und sich gegenseitig in jener Manie umbringen ließ. Wie gesagt streut das Spiel so viele Hinweise, dass es mir so vorkommt, als solle man dies früh zusammengereimt bekommen. Dies früh zu wissen nimmt dem Spiel allerdings viel vom Grusel. Nichts an den übernatürlichen Ereignissen ist echt, es sind alles nur Halluzinationen, keine wahren Gefahren. Und führt zudem dazu, dass das Spiel hauptsächlich auf Jump Scares basiert. Das nimmt dem Spiel leider an Biss, obwohl die klaustrophobischen Gänge und atmosphärischen Kameraperspektiven beim erforschen des alten Schiffes so gut inszeniert sind.

Adventure Week: Amnesia Collection

ava-2721Amnesia ist eine dieser Indie-Horror Erfolgsgeschichten. Es kam heraus als Survival Horror, gerade was große Retail-Releases anging, ziemlich mau aussah. Aber noch bevor Indie Games den Markt geflutet hatten und was bereits existierte war ziemlich barebones. Lauf durch ein Areal bis der Jumpscare dich umbringt sozusagen. Obendrauf kommt noch, dass es die populäre Zeit von Youtube Let’s Plays war, in dem sich schlecht schauspielernde Leute durch Horrorspiele kreischen. Schnell gab es keinen Kanal, der nicht Amnesia gespielt hatte.

Zwölf Jahre ist es her seit jenes ersten Spieles. Kurz darauf folgten DLC und Sequel. Selbst das Jahre später herausgekommene Amnesia Rebirth ist mittlerweile schon etwas älter. Dank der Amnesia Collection habe ich nun die ersten drei Einträge, die alle bereits mindestens eine Dekade alt sind, nachgeholt.

Amnesia: The Dark Descent

Im ersten Amnesia übernehmen wir die Rolle von Daniel, der unter Amnesie in einem alten Schloss aufwacht. Mit einer Notiz von sich in Händen. In jener steht, dass er sich selbst das Gedächtnis genommen hat und das er einen Mann mit Namen Alexander finden und umbringen soll.

In First Person wandern wir also nun durch das Schloss und absolvieren diverse Puzzle, um von den oberirdischen Räumen in die Katakomben, Gefängniszellen und Alchemieräume unterm Schloss zu kommen. Um herauszufinden, was wir vergessen haben und wie genau wir in all dies involviert sind. Hin und wieder springt auch mal ein Monster vorbei, zunächst nur sporadisch, später dann häufiger.

Die Rätsel fürs Weiterkommen sind dabei alle physischer Natur. Nur selten kommt ein Gegenstand in unser Inventar, meist muss etwas in der Umgebung getan werden. Steine aus dem Weg räumen, oder eine Behelfsleiter auftürmen. Die richtigen Bücher in der richtigen Reihenfolge aus Regalen ziehen, oder Zahnräder suchen und in den richtigen Apparat stecken. Selten ist das zu anspruchsvoll, zumindest solange die Physics Engine mitmacht. Manchmal ist das Puzzle auch hauptsächlich darauf ausgelet einem Gegner zu entkommen.

Hier spielt auch der Sanity-Effekt mit hinein. Je länger Daniel ein Monster im Blickfeld hat und je länger er im Dunkeln bleibt, umso mehr bringt ihn das um den Verstand. Ist seine geistige Gesundheit ziemlich niedrig, hat Daniel Halluzinationen, ein eingeschränktes Sichtfeld oder fällt einfach mal zu Boden und kann sich eine Weile nicht aufrappeln. Alles etwas, was man nicht gerade dann will, wenn ein Gegner einem auf der Spur ist. Im Licht zu sein regeneriert Daniels geistiges Wohlbefinden wieder, aber natürlich sehen einen Monster in einem beleuchteten Raum ebenfalls eher als wenn man in einer dunklen Ecke hockt.

Nun war mein Hauptproblem im Spiel ehrlich gesagt ein ähnliches wie in Resident Evil 7: Die Gameplay-Mechaniken dahinter sind oft zu offensichtlich, um sich wirklich komplett in der Atmosphäre des Gemäuers einzuleben. Eine Lichtquelle zu erschaffen ist so gut wie überflüssig, da sich Daniel auch so langsam wieder erholt und wenn er nicht gerade hinfällt auch unter geringem Verstand alles machen kann, was von ihm braucht wird. Wenn sich nicht vor den Gegnern erschreckt wird, ist schnell offensichtlich, dass so einige von ihnen oder gehörte Gegner-Geräusche einem nie zu Leibe rücken können. Gerade in der ersten Hälfte des Spieles sah ich oft Monster am Eingang zum nächsten Raum vorbeigehen, aber direkt auf sie zugelaufen waren sie schon wieder despawned, als ich den Raum erreichte. Amnesia: The Dark Descent ist nicht halb so gefährlich oder unheimlich, wie es einem weismachen will. Und wenn jene Illusion erst mal gebrochen wurde, bleiben nur die rudimentären Puzzle und sehr wenige Danger Spots übrig.

Amnesia: Justine

Bei Justine handelt es sich um die nachgereichte DLC-Episode zu Amnesia, die allerdings in der Collection ihre eigene Option darstellt, da es eine in sich geschlossene Erfahrung darstellt, statt sich mit dem ersten Spiel zu überschneiden.

Wir wachen hier ebenfalls unter Amnesie leidend in einer Zelle auf und bekommen von einer Schallplatte in einem Grammophon erzählt, dass wir in Justines Spiel- und Folterkammer sind und wir nur entkommen werden, in dem wir die anderen drei Gefangenen über gewisse Geräte umbringen. Oder können sie doch am Leben gelassen werden?

Justine hat demnach gerade mal drei Puzzle-Räume zu bieten, die schwer oder einfach zu lösen sind, je nachdem, ob man willig ist die anderen Insassen sterben zu lassen oder einen Weg darum herum zu rätseln versucht. In drei Instanzen tauchen auch wieder Gegner auf. Und hier ist der Krux an der Sache. Während Dark Descent schnell seinen Gruselfaktor verlor, weil den Gegnern zu einfach entkommen worden konnte und die Checkpoints super nett gesetzt sind, geht Justine in die andere Richtung. Ein Angriff eines Gegners bedeutet den sofortigen Tod und es gibt im kompletten DLC keinen Checkpoint. Game Over und alles muss von vorn begonnen werden.

Natürlich ist Justine essentiell eine Puzzle-Box, die darauf angelegt ist, es wiederholt zu versuchen, bis die richtigen Lösungen gefunden sind. Wer weiß, was zu tun ist, kann in zehn Minuten durch sein. Aber ganz ehrlich gesagt fand ich es nur nervig, beim kleinsten Fehler mit einem Gegner auf meinen Spuren wieder komplett neu beginnen zu müssen. Diese Repetition ist einfach nicht meins. Und für mich machte das die Gegner auch nicht gruseliger, ich hatte keine Angst auf einen zu treffen. Mir kam lediglich Frust auf, wenn mich einer erwischte.

Amnesia: A Machine for Pigs

Machine for Pigs ist etwas speziell. Das erste richtige Sequel zu Amnesia kommt nicht von Frictional Games sondern von The Chinese Room, bekannt für Dear Esther und Everyone’s Gone to the Rapture. Ein Studio mit einer Reputation ziemlich leere Spiele und Walking Sims zu erstellen. Was auch das Hauptproblem zu sein schien, weswegen Machine for Pigs schlecht bei den Fans des ersten Spieles ankam.

Das Setting ist diesmal das Haus einer reichen Familie um 1900, in dem wir mal wieder mit argen Gedächtnislücken aufwachen. Visionen unserer Kinder führen uns durchs Haus und dann später in die von unserer Familie geleiteten Fabrike, während wie gewohnt über gefundene Notizen langsam herausgefunden wird, was los ist und was wir damit zu tun haben. Diesmal ist definitiv mehr Handlung im Spiel, mehr lineares Suchen nach dem nächsten Plot Point. Wobei dem Spiel zum Nachteil gerät, dass man sich mal wieder viel denken kann. Die beiden vorigen Spiele handelten bereits von jemandem mit Gedächtnisverlust, und der späteren Revelation, dass die Spielfigur nicht so unschuldig ist, wie es zunächst erscheint. Es ist also naheliegend, dass Machine for Pigs jenes Setup wiederholen wird und so wird sich weit vor den Plottwists zusammengereimt, was da auf einen wartet.

Bleibt noch ein Spiel übrig, welches aus viel Herumwandern und wenig Puzzeln besteht. Um ganz ehrlich zu sein fand ich Machine for Pigs gar nicht mal so anders als Dark Descent. Rätsel sind einfach zu lösen, Gegner tauchen nur hin und wieder auf und können noch seltener einem überhaupt gefährlich werden. Machine for Pigs wirkt linearer und als habe es weniger Gameplay, aber so groß ist der Unterschied gar nicht mal. Der Nachfolger versteckt jene Schwächen nur wesentlich schlechter, als das Dark Descent noch konnte.

Somit hinterlässt mich die Amnesia Collection tatsächlich mit sehr ähnlichen Gefühlen wie Resident Evil 7 zurück. Der Hype wäre sicherlich größer gewesen, hätte ich es um den Release-Zeitraum gespielt, als ein solches Horror-Spiel zu bekommen seltener und ein gutes Zeichen für die richtige Richtung war. So viel später gespielt ist der Lack einfach ein Stück weit ab und das Spiel darunter schaut durchschnittlich drein.