Sonic ist tot. Sega hat es ganz offiziell als den diesjährigen Aprilscherz veröffentlicht. Da schlug nämlich The Murder of Sonic the Hedgehog offiziell auf Steam auf. Respekt dafür, sich die Mühe gemacht zu haben, da tatsächlich ein Spiel statt nur Mockup-Screenshots rauszuhauen. Noch größeren Respekt, es als Murder Mystery Visual Novel zu gestalten, statt einen müden Witz über Dating Sims zu machen.
Ganz so extrem, wie der Titel vermuten lässt, ist das Spiel dann natürlich nicht. Es ist Amys Geburtstag und sie feiert das mit einem Thementag in einem Zug. Es ist also alles nur ein Rollenspiel: Sonic das Opfer, Amy und Tails die Ermittler, der Rest der Gäste verschiedene Rollen an potentiellen Mördern. Wir, mit einem selbstbenannten Drittcharakter, helfen aus.
Und so klickt es sich von Wagon zu Wagon, wird mit den dortigen Charakteren wegen ihres Alibis gesprochen, der Raum nach Hinweisen durchgeklickt, und dann der jeweilige Charakter mit den Funden konfrontiert. So weit, so Point and Click/Visual Novel. Um einen Eureka-Moment zu haben, muss dann allerdings tatsächlich noch ein wenig normales Sonic-Gameplay gespielt werden. In jenen Ministages läuft Sonic automatisch, wir bewegen ihn nur zu den Seiten und lassen ihn springen. Um Gefahren auszuweichen und am Ende genug Ringe eingesammelt zu haben, damit eben jener Geistesblitz ausgelöst wird.
Was ich sehr schön fand, ist, dass das Spiel wirklich angenehm geschrieben ist. Ich war ehrlich gesagt auf das Schlimmste vorbereitet, was lahme und cringy Witze angeht, auf die der normale Klischee-Sonic-Fan so abfahren würde. Aber nein, der wenige Stunden andauernde Trip war tatsächlich ganz nett geschrieben und ich war gut damit unterhalten mich durchzuklicken. Lediglich die Action-Stages werden mit der Zeit etwas nervig, wenn die unpräzise Steuerung den höheren Hürden nicht mehr gerecht wird. Oft wiederholen musste ich dennoch keine.
Dennoch ein nettes kleines Spielchen gewesen. Aber was wäre, wenn Sonic tatsächlich gestorben wäre? Wer könnte seine Rolle übernehmen? Shadow hatte sein eigenes Spiel, aber da kommt auch Sonic drin vor. Ein Spiel existiert aber auf jeden Fall, in welchem ein früher Sonic-Charakter die Hauptrolle spielt, und in der Sonic selbst nie anzutreffen ist. Und zwar Knuckles Chaotix auf Segas gefloppten Mega-Drive-Erweiterung des 32X.
Das besondere Gameplay-Element im hiesigen Spiel ist dabei, dass zwei Charaktere immer mit einem Gummiband miteinander verbunden sind. Ein Charakter kann also zum Stillstehen verdammt werden, während der andere jenes in die Länge zieht, um dann anschließend mit hoher Geschwindigkeit davonsausen zu können. Oder wenn ein Charakter auf einer anderen Plattform ist, dessen Partner zu ihm gezogen werden. Gleichzeitig kann Partnern natürlich nicht davongelaufen oder gesprungen werden, es ist schon darauf zu achten, dass jene mithalten können. Wer Secret of Mana gespielt hat, sieht hier eventuell schon erste Probleme.
Der Partner bleibt einem auch in Knuckles Chaotix gern mal irgendwo hängen und dann heißt es jenen umständlich zu einem zu manövrieren. Beim Springen und Platforming ist es gern so, dass alles außer Rand und Band gerät und eine Steuerung, ganz zu schweigen eine präzise, nicht mehr möglich ist. Das scheinen auch die Macher bemerkt zu haben, aber ihr Gameplay-Gimmick auch nicht mehr zurücknehmen gewollt oder können zu haben. Denn das Level-Design ist diesem Problem angepasst. Sprich es wird dem Spieler äußerst selten ernste Opposition entgegengelegt. Gegner sind überraschend rar gesät und fast nie auf einer Höhe auf der in sie hineingelaufen werden könnte. Bodenlose Abgründe oder Stacheln kommen quasi gar nicht vor. Was einem stattdessen eher in den Weg kommt, sind die überbordeten Hintergründe, die voller Details sind, von denen nicht immer einfach ersichtlich ist, was Hintergrundekoration ist, und was eine begehbare Plattform darstellt.
Ob wohl der Name Chaotix daher kommt, dass jenes Gummiband-Gameplay so chaotisch ist? Hat man das nachträglich als Feature statt Bug verkaufen wollen? Würde zwei weitere chaotische Entscheidungen erklären. Der Partner, an den man gekettet wird, darf sich beispielsweise nicht direkt ausgesucht werden. Stattdessen können die via Kranspiel zwischen den Stages ausgelost werden. Ich bekam zuerst die Biene aufgedrückt, die kaum Gewicht hat und deswegen auch kaum Gummiband-Momentum aufbauen kann. Beim nächsten Versuch zog ich den kompetenteren Vector und hab anschließend nie wieder jenen gewechselt in der Befürchtung, einen schlechteren Charakter zu ziehen. Ähnlich randomisiert ist übrigens der Stage Select, bei dem ebenfalls via Roulette ausgewürfelt wird, in welche Welt es geht. Merkwürdig.
Ich fand Knuckles Chaotix nicht schlimm, aber war schon ziemlich perplex vom Spiel. Die Gummiband-Mechanik und das daraus resultierende Chaos kann schon spaßig sein. Und die extrem bunte Optik ist auch ganz nett. Doch beides kommt dem Gameplay so in den Weg, dass scheinbar jegliche Herausforderung aus dem Spiel entfernen werden musste. So bleibt außerhalb des optischen Spektakels wenig übrig.