Escape from Bug Island hat in Japan den Titel Necro-Nesia und ein sehr dezentes Cover, mit der Großaufnahme eines Gottesanbeterinnen-Kopfes auf schwarzem Hintergrund. Sehr atmosphärisch, sehr stimmig, und sehr irreführend. So sehr sich über den käsigen neuen Titel für den Westen im hässlichen Font mit reißerischem Cover beschwert wurde, so viel ehrlicher ist das alles doch. Denn Escape from Bug Island als ernsten Survival Horror zu vermarkten tat dem Spiel sicherlich keinen Gefallen, weckt nur falsche Erwartungen, stattdessen ist das Ding ehrlich gesagt näher an D3s Simple-2000-Serien a la Earth Defense Force.
Wenn auch mit weniger Action, mehr Inhalt, und doch etwas mehr in die Richtung Survival Horror gehend. Zumindest vom Gameplay, die Handlung hat wenig Horror zu bieten. Was nämlich Escape from Bug Island passend zum West-Titel so schön zu emulieren versucht, sind schlechte amerikanische B-Monster-Movies aus den 50ern. Kann gut möglich sein, dass im Originalkonzept mal ein ernster Survival Horror voller Creepy Crawlers geplant war, doch irgendwann schwankte dass dann darauf um, schön bewusst blöd zu sein.
Es macht sich also ein Trio auf den Weg nach Bug Island. Michelle ist ganz untypisch Mädchen und liebt Insekten. So sehr, dass sie schon mal einen Unterarm-langen Tausendfüßler freudig quietschend umarmt. Hauptcharakter Ray hingegen ist nur dabei, um Michelle zu beeindrucken, obwohl er eigentlich ein ziemliches Weichei ist. Mike hingegen ist Muskeln ohne Köpfchen und akzentuiert wann immer er von etwas oder über jemanden spricht, in dem er mit seiner Schrotflinte darauf zeigt. Es kommt wie es kommen muss, und die Gruppe wird durch den Angriff von Rieseninsekten voneinander getrennt.
Im weiteren Spielverlauf von Rays Suche nach seinen Freunden wird er noch ein paar weitere Charaktere treffen, vornehmlich einen feigen Forscher und eine nuttige Millionärstochter, und es neben riesigen Insekten und Spinnen auch irgendwann mit Mädchen-entführende Gorillas oder Echsenmenschen zu tun bekommen. Ja, Escape from Bug Island bedient sich so einiger Monster schlechter 50er-Jahre-Horrorfilme, und bietet dazu passend bei den Cutscenes einen altmodischen Filmfilter und in der vereinzelt vorhanden deutschen Sprachausgabe passend brauchbare aber nicht überragende Leistungen (wahlweise auch Japanisch). Schlechte Special Effects gibt es im Prinzip sogar auch noch, denn das Spiel sieht aus wie ein Launch-Titel der PS2 statt der Wii.
Ganz besonders niedlich finde ich ja auch das Ray, wenn er länger vom Spieler ruhig stehen gelassen wird, aus Langeweile kurz pfeift, und sich davor selbst erschreckt.
Aber wie gesagt, dies ist alles so gewollt, und obwohl ich das für mehr als offensichtlich halte, so habe ich etwas das Gefühl bekommen, dass dies zu Release von vielen nicht so ganz verstanden war. Wer natürlich ein Resident Evil mit Insekten erwartet, der kann nur enttäuscht werden.
Zugegeben läuft in der Steuerung durch das Spiel nicht immer alles glatt, weil Escape from Bug Island Motion Controls nutzt und glaub ich dafür einfach zu viel unterbringen möchte. Die Wiimote oder den Nunchuck schwenken und Ray macht ein Ausweichmanöver nach links bzw. rechts. Aber auch um mit der aktuell ausgerüsteten Waffe eine Schlagkombination zu machen, muss mit der Wiimote gefuchtelt werden, und das unter gehaltenem B-Knopf, damit er eben keine Rolle nach rechts macht. Um fliegende/kriechende Gegner besser zu treffen kann dabei auch noch der Analogstick nach oben oder unten gehalten werden. Soll Ray allerdings etwas werfen (Stein, Molotov, Granate) oder mit einer der in der zweiten Hälfte des Spieles hinzukommenden Knarren schießen, muss mit A in den First-Person-Modus gewechselt werden, in dem sich mit Bewegen der Wiimote umgeschaut werden kann. B friert die Bewegung ein, damit nun beim Fuchteln nicht mehr wild die Blickrichtung gedreht, sondern besagtes Geschoss geworfen wird. Zuguterletzt darf mit dem richtigen Halten und Drehen der Wiimote an einigen Stellen über schmale Brücken balanciert werden.
Das ist alles ehrlich gesagt manchmal ein wenig komplizierter und härter auszuführen, als dies wünschenswert und über einen regulären Controller-Input ausführbar wäre. Gerade die Pistole/Schrotflinte habe ich bis zum letzten Endgegner links liegen lassen und auch mit Projektilen nur auf stationäre Ziele geworfen, weil das Umsehen in der Ego-Perspektive zu lange dauert, um ein bewegliches Ziel gut erfassen zu können. Auch gezielt nach oben oder unten Schlagen ist nicht immer so verlässlich wie gewünscht, ich nahm lieber Waffen, die von sich aus in einem weiten Bogen angegriffen haben.
Immerhin haben wir es schon mal nicht mit Tank Controls zu tun, oder zumindest fast nie, merkwürdigerweise wechselt das Spiel nämlich innerhalb der wenigen Häuschen auf jene. In denen gibt es allerdings keine Gegner, sondern in der Regel ein paar Items und einen Speicherpunkt, von daher kommen sie einem nicht sonderlich in den Weg. Und auch Heilgegenstände gibt es reichlich, zumindest solange man sich nach Früchten und Pilzen umschaut. Zweischneidiges Schwert jedoch: Zur Sicht im Nebel hilft das Einschalten der Taschenlampe, die aber auch die Insekten auf einen aufmerksam macht.
Woran ich mich als alter RPGler sowieso bei solchen Spielen gewöhnen muss ist, dass es keinen Grund gibt jeden Gegner umzubringen. Gibt ja keine Erfahrung/Geld/Items, was also nicht im Weg ist, kann auch ruhig umgangen werden. Wobei Escape from Bug Island einen schon etwas entlohnt, getötete Gegner hinterlassen nämlich violette Kristalle. Die glaub ich in NG+ irgendwas freischalten, in meinem ersten Durchlauf gab es durch sie zumindest nichts. Der war mit 7 Stunden auch von ziemlich gewohnter Länge für Genre, wobei einen das Spiel mit nicht allzu großen Veränderungen doppelt durch die Areale schickt, weil Zeitreisen auch noch irgendwo in die Blödsinnshandlung eingebaut werden muss. Die Spielzeit strecken kann man zusätzlich, in dem in jedem der Areale je drei Challenges erledigt werden können, die sich zusammen mit anderen Dingen am Spielende auf den Rang auswirken. Das gibt dem Spiel fast einen Arcade-igen Vibe, denn prinzipiell ist damit die durchgängige Story in kleiner Happen unterbrochen, die jeweils das Können des Spielers an gewissen Gesichtspunkten wie getötete Gegner, Beendigungsschnelligkeit, Game Overs etc. messen, und dies auch direkt nach jedem Areal so zeigen, statt erst ganz am Spielende mit dem Rang anzukommen.
Am Ende bleibt mir nur zu sagen, dass ich auch bei Escape from Bug Island ein wenig das Gefühl bekam, dass der extreme schlechte Ruf ein Stück weit unverdient ist. Erneut liefert das Spiel eigentlich genau das auch ab, was es versprechen wollte. Ja die Handlung und Charaktere sind dämlich, ja das Ding ist absolut nicht unheimlich, ja die Grafik ist schlecht. Aber all das, weil es einen schlechten Monsterfilm emulieren will. Das muss man nicht mögen, zumal wie gesagt auch die Steuerung der ganzen Sache wenn auch nicht wirklich total schlecht so doch ein wenig hakelig sein kann, aber die Erwartungshaltung ans Spiel war glaub ich bei vielen einfach die falsche. Ist Escape from Bug Island ein gutes Spiel? Nein. Sollte mehr als 10-15€ für ausgegeben werden? Nein. Aber es ist durchaus brauchbar, wenn man denn dem Stil was abgewinnen kann.