Nicht immer kehren wir in letzter Zeit zu Tokusatsu zurück. Manchmal geht es auch um Gundam. Nach dem Original und einer dem nahestehenden Produktion, entfernen wir uns momentan ein wenig weiter davon. In Form vom noch nicht allzu alten Gundam Thunderbolt.
Wobei ich feststellen musste, dass Gundam Thunderbolt lediglich was das Erscheinungsjahr angeht weit von der ursprünglichen Serie entfernt ist. Die im Internet gestreamte Serie hatte nämlich 2015-2017 ihre Prämiere, also fast 40 Jahre nach dem 1979er Gundam. Angesiedelt ist Thunderbolt allerdings dennoch in der ursprünglichen UC-Timeline. Vorkenntnisse würde ich allerdings als eher unnötig halten. Die UC ist mittlerweile so weitläufig und über so einen geraumen Zeitraum herausgekommen, dass aktuelle Produkte eher auf sich alleine stehen können, wenn sie nicht wie The Origin explizit ein Prequel darstellen.
Ich schaute übrigens den Zusammenschnitt in zwei Filme. Der erste, December Sky, dreht sich dabei hauptsächlich um Io Fleming auf der Seite der Erdförderation und Daryl Lorenz auf Seite von Zeon. Wir sind im blutigen One Year War und beide Seiten müssen ordentlich zurückstecken. Io bekommt allerdings einen neuen Gundam, mit dem er den Großteil von Daryls Kameraden auf dem Kampffeld ausschaltet. Der schwört Rache und lässt sich sogar technisch upgraden, in dem er sich verlorene Körperteile ersetzen lässt. Alles kulminiert in zwei in die Enge getriebene gegnerische Einheiten, die sich ausrotten wollen.
Thunderbolt erinnerte mich so unglaublich stark an das eine Meme-Bild, bei dem jemand einen Gundam-Mech anschaut und „Woah, cool Robot“ sagt, während die „War is bad“ Message der Serie über seinen Kopf hinweg schießt. Gundam Thunderbolt ist sich für solche Subtilitäten viel zu schade, sondern absolut darauf aus, dem Publikum die eigentliche Message mit einer Schrotflinte ins Gesicht zu schießen. Nichts geht im Film gut. Soldaten sterben brutal oder verlieren Körperteile. Kommandanten gehen für den vermeintlichen Endsieg über Leichen oder begehen ob der von ihnen angeordneten Gräueltaten Suizidversuche. Kontrastiert zu Erinnerungen an schönere Zeiten vor dem Krieg geht es den hier aufgezeigten Charakteren schlecht, dann schlechter, und die Spirale geht immer weiter. Wenn sie denn überhaupt lange genug dafür leben. Es ist eine schonungslos ehrliche Serie darüber, dass alle direkten beteiligten im Krieggeschehen Verlierer sind.
Interessant dabei ist, dass wir mehr durch Daryl und damit der Seite Zeons sehen, als durch Io und die Förderation. Zeon war ja im Original so ein wenig die Nazi-Deutschland-Parallele, weswegen es immer zunächst komisch wirkt, wenn eine Serie mit ihnen sympathisiert. Der neue Förderations-Gundam wirkt sogar vom Design wesentlich bedrohlicher. Thunderbolt bleibt hier dabei, dass es eher die Obrigen sind, die zur Verantwortung zu ziehen sind. Die beispielsweise unlautere Experimente an ihren Soldaten ausführen. Inklusive jener Augmentation. Der Film liebt es, Soldaten im Kampf Körperteile verlieren zu lassen – so kann man die schreckliche Brutalität des Krieges darstellen, ohne direkt alle zehn Minuten komplett neue Charaktere einführen zu müssen, weil man alle schon umgebracht hat. Und wie gesagt nutzt Zeon jene Prothesen, um die Piloten besser mit ihren Gundam zu verbinden. Ja beschließen sogar an einem Punkt, dass man notfalls auch gesunde Körperteile amputieren sollte, um sie mechanisch zu ersetzen. Gleichzeitig scheint all dies aber auch zu symbolisieren wie Menschen im Krieg immer mehr ihrer Menschlichkeit verlieren und immer mehr selbst zur Kriegsmaschine werden. Hier wortwörtlich durch jene maschinellen Körperteile.
Was vom Design her zusätzlich auffällt, ist die Musik. Und eigentlich das Charakterdesign an sich. So wirken die verschiedenen Charaktere distinkt wie an unterschiedliche Äras von Gundam-Serien angelehnt. Manche könnten gut in eine 80er-Serie passen, manche eine aus den 90ern, manche wirken moderner. Zu jenen distinkt unterschiedlichen optischen Designs kommt aber auch, dass jeder Pilot einen eigenen Musikgeschmack hat. Anstatt eine einzige Leitmelodie zu haben, haben sie hier also eher Leit-Musik-Genre, und bringen die als diegetische Musik selbst mit. Sprich wenn wir sie hören ist das so, weil der Charakter selbst sie gerade angestellt hat.
Gundam Thunderbolt: December Sky war für mich ein wirklich fantastischer, wenn auch depressiver Film. Schonungslos und wenig heroisch den Krieg darstellend. Aber immer optisch top anzusehen.
Umso überraschender dann war es dann mit Gundam Thunderbolt: Bandit Flower in den zweiten Film zu gehen, basierend auf der zweiten Staffel. Einzusteigen. Der erste Film war simpel, hatte eine geradlinige Agenda, und war auf seine wenigen Charaktere fokussiert. Eventuell war man beim Manga, der hier adaptiert wurde, nicht sicher, ob er lange laufen könnte, und hat deswegen die erste Story Arc sehr in sich und jederzeit abschließbar gehalten.
Denn Bandit Flower wirkt wesentlich mehr wie der Pilot zu etwas Längerem. Es werden viele neue Charaktere eingeführt, es gibt eine neue religiöse Fraktion, die eine mysteriöse Gefahr darstellt. Und der Ton ist einfach irgendwo ein ganz anderer. Die Kämpfe sind immer noch ziemlich brachial. Aber diesmal scheint man doch mehr darum bemüht, die Mechs möglichst cool aussehen zu lassen, wodurch auch die Kämpfe cooler wirken, weniger die Gefahr dabei rüberkommen lässt. Auch bin ich nicht mehr darum besorgt, dass Charaktere jederzeit sterben könnten. Dafür sind einige davon zu eindeutige Serien-Archetypen, die lang in der Handlung bleiben sollen, statt jederzeit ersetzt werden zu können. Sie witzeln auch mehr unter sich. Alles wirkt einfach etwas lockerer. Die durch und durch bedrückende Stimmung von December Sky ist weg, stattdessen wirkt Bandit Flower mehr wie ein regulärer Serienbeginn.
Zu dem es übrigens nie kam. Der Manga läuft bis heute noch und ist somit nicht abgeschlossen. In den letzten sechs Jahren ist aber leider keinerlei neues Material in ein Anime adaptiert worden. Somit verbleibt jene Form von Thunderbolt vorerst mit dem Gliffhanger von Bandit Flower, welcher wie gesagt mehr ein Teaser für die größere Story Arc darstellt. Schon etwas schade. Denn schlecht ist der Film dennoch nicht und ich wüsste gern, wie es weiter geht.