Nur weil es keine 1313 mehr gibt, ist natürlich nicht zwangsläufig der Boden der DeCoteau-Kiste erreicht. Masochisten wie ich, denen es doch nach mehr Pein verlangt, aber bei körperlicher eine Pussy sind, haben da noch zahlreiche Möglichkeiten, ihrem Fetisch nachzugehen. Immerhin hat der Mann über hundert Filme auf dem Buckel seiner IMDB-Liste.
Edgar Allan Poe ist da immer eine gute Wahl, weil dessen Geschichten alle Public Domain sind, sein Name aber einen gewissen Gravitas hat. Und viele sehr vage Kurzgeschichten sind, die man letztendlich eh auslegen kann, wie man lustig ist. DeCoteau hat das ja bereits mit einem House of Usher gemacht, welches plötzlich von heißen Jünglingen in Unterwäsche bewohnt war. Wobei ich Poe absolut nicht kenne, von daher meine Hand nicht ins Feuer legen könnte, ob es bei The House of Usher und The Pit and the Pendulum nicht tatsächlich um stahlharte Bauchmuskeln und engsitzende Boxer Briefs ginge.
The Pit and the Pendulum startet schon mal mit einem autoritär sprechendem Kerl, dessen luftige Sprüche höchstwahrscheinlich direkte Zitate aus der Poe-Geschichte sind, und genauso eventuell auch schon die einzige Verbindung zu jener darstellen. Jedenfalls philosophiert er zwei gefesselten Gestalten ins Gesicht, und das in einem komplett blau getünchten Raum. Ich bin mir da ja immer nicht so sicher, ob das eine stilistische Entscheidung von DeCoteau darstellen soll, oder schlichtweg schlechtes Day for Night darstellt.
Besagter Raum ist übrigens nicht in DeCoteaus Haus, dem heimlichen Star eines Großteils seiner Filme. Dafür im gleichen, in dem er bereits House of Usher gefilmt hat, denn so eine Location muss doch für mindestens zwei Dutzend Filme herhalten, wenn man sie schon ein ganzes Wochenende gemietet hat. Um dann aber doch keine zu großen Kulturschock zu haben, trifft natürlich gleich ein Wagen voller junger, attraktiver Kerle und deren Alibi-Mädel ein. Das sind angeblich Sportstudenten, wobei einer davon eindeutig schon jenseits der Dreißig ist, die einfach mal spontan auf eine Anzeige für Hypnosetherapie reagierend hierher gefahren sind. Voll seriös und so.
Geleitet wird das von der obligatorischen älteren Tussi, deren Schönheits-OP sie nicht nur wie ein undefinierbares Alter zwischen 40 und 70 ausschauen lassen, sondern auch einen distinkten Look einer aufblasbaren Puppe verleihen. Die hat einfach mal so die Praxis ihres Vaters übernommen, der verrückt war und Leute umgebracht hat. Wird ja immer seriöser diese Therapie. Eine von dann doch gleich zwei Alibi-Mädels ist ob deren Familienvergangenheit auch gleich ziemlich skeptisch, während einer der Typen das sofort wegwischt und unangemessen vertrauensvoll ist. Der Rest der Gruppe äußert sich nicht, aber dableiben tun sie auf jeden Fall. Die sind auch viel zu sehr damit beschäftigt, sich Porn-Dialoge aus dem Nichts an den Kopf zu werfen. Wie das eine Mädel, welches einfach mal so unaufgefordert dem anderen Mädel, welches sie seit gut 5 Minuten kennt, erzählt, dass sie noch Jungfrau ist, woraufhin jene sie erst Mal anflirtet.
Um jegliche Anflüge von Unseriösität endgültig auszumerzen, nimmt sich Frau Aufblaspuppe auch direkt erst mal den muskelbepacktesten Kerl mit in ihren Velvet Room, und unterzieht ihn der Hypnosetherapie. Strip-Hypnotherapie! In Unterwäsche therapiert es sich gleich viel besser. Vor allem wenn die Therapeutin sich auch noch an einem trockenstimuliert. Und den Kerl dann umbringt. Nehme ich mal an. Genau wie der Sex komplett bekleidet erfolgt ist, sieht man nach dem Mord auch keinerlei Verletzung an dem Kerl. Während der Hypnose sieht man übrigens ein Pendel und der Kerl steigt geistig in eine Grube hinab. Damit ist der Titel wohl gerechtfertigt, denn keines von beidem wird Handlungsbedingt wirklich wichtig werden.
Damit hat sich auch geklärt, ob David DeCoteau den Blaufilter für Traumsequenzen, Day for Night oder doch einfach stilistisch verwendet. Für maximale Verwirrung und einen über die Hälfte der Spielzeit in besagt unterkühlten Tönen gehaltenen Film nämlich gleich für alles drei. Nachts ist alles Blau. Unter Hypnose ist alles Blau. Und einfach weil es mysteriös aussieht, ist der Therapieraum grundsätzlich Blau, egal ob in wachem Zustand am Tage oder unter Hypnose in der Nacht.
Unter dem Banner von Dialogen, die nirgendwo hinführen, gibt es anschließend übrigens eine seltsam unkomfortables Dinner zwischen dem Rest der Truppe und der Aufblaspuppe. Bei der sie ihre tragische Kindheit eines an ihr experimentierenden Vaters offenbart. Und das die Hypnose dazu da ist, das Schmerzempfinden auszuschalten. Und ihr Vater tatsächlich Leute umgebracht hat. Und das stört Mal wieder keinen so wirklich. Genauso wie alle anzweifeln, dass das erste Mordopfer angeblich einfach so wieder heimgefahren ist, aber auch dem Gedankengang nicht weiter folgen. Dann wiederum sind sie auch alle angetrunken und damit beschäftigt, sich gegenseitig die Zungen in den Hals stecken zu wollen. Weil das hier eindeutig ein Porn-Script war, bevor es verharmlost wurde.
Case in Point: Anschließend nimmt sich Aufblaspuppe zwei der anderen Kerle mit, und während die sich in Unterwäsche bei überraschend legitim ausschauendem Wrestling die fast nackten Körper aneinander reiben, kommen plötzlich die Titten raus. Woah, so viel nackte weibliche Haut… bin ich in den Film eines anderen Regisseurs gefallen? Gefolgt wird das davon, dass die zwei verbliebenden Kerle und die beiden Mädels sich jeweilig queerer Liebe zueinander hingeben. Schwule und lesbische Küsse, statt sich die Kerle immer nur schöne Augen machen, aber dann dennoch #NoHomo sein zu lassen? Davide DeCoteau, heute sind wir aber mal so richtig wagemutig!
Ok, jedenfalls ist es so, dass die Experimente des Vaters an Frau Aufblaspuppe erfolgreich waren, und sie deswegen kein Schmerzempfinden mehr hat. Was ich ja irgendwo nicht positiv ersehen kann. Ich mein Schmerz ist ein Warnhinweis des Körpers sich nicht kaputt zu machen. Außerdem behandelt der Film das so ein wenig, als hätte sie auch kein Gefühlsempfinden mehr, obwohl sie das eindeutig hat. Die Experimente fortführen tut sie auch nur, um einen Gleichgesinnten zu haben, weil sie so alleine ist. Und ihren Bruder hat sie im Keller weggesperrt, weil bei ihm die Experimente zu einer Überempfindlichkeit geführt haben.
Das macht für mich halt alles erneut keinen wirklichen Sinn. Zum einen, warum der Deckmantel der Klinik, statt einfach einen BDSM-Swingerclub zu eröffnen? Die machen schräge Sexspielchen mit Schmerz freiwillig mit, und wenn einer verschwindet kommt das nicht so schnell raus. Warum ist ihr Fehlen von Schmerzempfinden so eine Hürde einen Partner zu finden? Oder warum kann sie nicht einfach mit ihrem Bruder zusammenleben statt ihn im Wandschrank einzusperren? Dass hier nie mal beleuchtet wird, warum die Gruppe an Studenten überhaupt bei einer solchen Therapie mitmachen wollen, wäre auch mal interessanter gewesen, als einfach „weil sportliche Leistung“ einzuwerfen.
Ich weiß ja nicht, so wirklich gut ist The Pit and the Pendulum zwar nicht, aber überraschend unschlecht für einen DeCoteau. Also schlecht und billig und unsicher immer noch, aber nicht so extrem, wie ich das von so manch anderem Eintrag gewöhnt bin. Dann zwar auch nicht so unfreiwillig witzig wie so mancher, aber auch nicht so langweilig wie manch anderer. Sondern so seicht-unterhaltsames Mittelfeld?