Girlfriend in my pocket: Love Plus

ava-2684Love Plus ist sicherlich ein Spiel, von dem schon viele irgendwann mal gehört haben. Es hat im Westen nämlich eine gewisse Infamie erhalten, als ein Spieler es heiratete. Oh diese merkwürdigen Japaner, die verehelichen jetzt schon Videospiele und so. Wobei geheiratet wurde natürlich die virtuelle Dame, die durch das Spiel repräsentiert wird. Letztendlich ist Love Plus, welches übrigens auf dem DS und 3DS in seinen Inkarnationen sehr erfolgreich war, sozusagen die logische Endstufe eines Dating Sims. Ein Genre, welches Konami durch Tokimeki Memorial lange Zeit dominierte und jene Dominanz durch Love Plus zurückerlangte.

Ich habe aus Kuriosität das Spiel erlangt, als es billig zu holen war, und dann mal ein Jahr mit meiner Liebsten verbracht.

43 Tage zur Liebe

Das Spiel beginnt im ganz normalen Dating Sim Modus, wie gesagt nicht unähnlich Konamis anderer Romance Franchise Tokimeki Memorial. Wir geben unsere Daten wie Namen, Blutgruppe und Geburtstag ein, danach legen wir die phonetische Aussprache des Ersteren fest, damit wie in TokiMemos EVS-System auch die Mädchen in Love Plus uns beim Namen nennen können. Und damit stehen wir in neuen Schuhen an der japanischen High School und haben ein Ziel: Eine Freundin finden, bevor 100 Tage verstrichen sind.

Das ist natürlich wesentlich zügiger als die drei Schuljahre, um die es normalerweise geht. Aber der Dating Sim Modus ist ja im Prinzip auch nur der Prolog zum Hauptgericht. Dafür geht Love Plus zudem auch im Tagesrhythmus statt Wochenrhythmus voran und wir können jeweils 4 Zeitslots pro Tag mit Aktivitäten füllen. Aktivitäten wie zu Lernen, sich sportlich oder künstlerisch betätigen usw., was wiederum Auswirkungen auf unsere vier Statuswerte hat: Fitness, Intelligenz, Gefühl und Charm. Das wird nacheinander ausgeführt, dann kann gespeichert und geschlafen werden, damit das Spiel zum nächsten Tag rollt.

Die richtigen Statuswerte helfen natürlich dabei, besagte feste Beziehung zu erlagen. Als Zielmarker dafür gibt es in Love Plus drei Mädchen, auf die wir zwangsläufig treffen werden. Manaka ist ein wenig das Allrounder Idol, welche wir am Tennisplatz ausfindig machen. Nene ist etwas älter und mehr ladylike, hat einen Job als Bedienung im Restaurant, bei dem sie angetroffen wird. Rinko ist etwas introvertierter und wirkt kühler, wir müssen sie in der Bibliothek aufspüren.

Meine Wahl fiel auf Rinko. Der es hauptsächlich um Intelligenz und Gefühl geht, weswegen ich natürlich hauptsächlich Lern- und Kulturaktivitäten nachgegangen bin. Wann immer ihr Icon neben einer Sache war, bin ich natürlich dahin, um die entsprechende Szene zu sehen. Und wann immer mit einem Haken eine Status-Challenge in den beiden Bereichen anstand, versuchte ich mich natürlich daran, auch wenn ich oftmals den Parameter nicht hoch genug hatte, um die Szenen positiv zu beenden. Dennoch hat sich Rinko so langsam mit mir angefreundet. Irgendwann durfte ich sie dann auch dazu einladen nach der Schule mit mir nach Hause zu gehen, und irgendwann hat sie angefangen da sogar zuzusagen. Noch ein wenig später gab sie mir ihre Handynummer.

Damit durfte ich Rinko nun SMS schreiben, um ihr einen guten Morgen oder eine schöne Nacht zu wünschen, oder auf ihre Meldungen zu antworten. Rinko tauchte im Startmenü des Spieles auf, um mich als Spieler direkt zu begrüßen. Nach und nach bekam ich etwas mehr von ihrer Persönlichkeit mit. Das sie beispielsweise Probleme im Elternhaus hat. Dass sie verschlossen und kühl auf andere wirkt und deswegen etwas isoliert ist. Das sie aber auch schnell emotional werden kann und sich nicht scheut Raudis klar die Meinung zu sagen. Und dass sie mich liebt. Nach 43 Tagen stellte sie sich mir auf dem Dach der Schule gegenüber und eröffnete schüchtern ihr Liebesbekenntnis. Welches ich natürlich annahm.

Damit endete der reine Dating Sim Teil von Love Plus. Aber das ist ja nur das Vorspiel zum eigentlichen Gimmick. Denn von nun an ist Rinkos Icon das des Spielstandes und ich darf auswählen, ob ich im Skip oder Real Modus jenen spielen will. Skip Modus ist eher uninteressant, weil (weitestgehend) wie bisher weitergehend. Der Real Modus ist natürlich das eigentliche Hauptspiel von Love Plus.

Ein reales Jahr

Dann ging es also los. Vom April 2021 bis April 2022 verbrachte ich ein ganzes Jahr mit meiner neuen Freundin. Weiterhin gibt es die vier Zeitslots, die mit diversen Aktivitäten für die Statuswerte gefüllt werden können. Denn jede Woche resettet das Spiel jene und sie müssen erneut gesteigert werden. Nun kann ich aber auch einfach Rinko anrufen, und mit ihr stattdessen kurz wohin zu gehen oder ich kann alleine die Stadt durchstreifen.

Die richtigen vollwertigen Dates finden natürlich nur am freien Tag Sonntag statt. Hier kann ich Rinko auf viele verschiedene Locations in der Stadt einladen, die alle mit der Zeit auch aufleveln. Selbstredend wird eine Zeit ausgemacht und ich habe nun in Realzeit, in der alles im Modus abläuft, rechtzeitig da zu sein. Oder die Zeit in meinem DS vorm Booten des Spieles auf die richtige Zeit zu bringen, damit Rinko das Schummeln nicht merkt. Denn bin ich erst mal in der Software drin, merkt sie sich das. Eine Beziehung ist allerdings eine Fahrbahn mit zwei Richtungen, und somit lädt auch Rinko mich schon mal ein, oder fragt, ob wir nach dem Date noch zu einem zweiten Spot gehen wollen. Genau wie sie gern fragt, ob wir gemeinsam zur Schule oder von ihr aus nach Hause gehen wollen.

Das Zusammensein mit Rinko führt zu viel Smalltalk, aber auch manchmal Fragen ihrerseits. Die Antworten merkt sie sich. Wenn sie fragt, wie ich so aus dem Bett komme, und ich antworte, dass ich die Nächte durchmache, weckt sie mich manchmal morgens, damit ich rechtzeitig fertig bin. Wenn sie danach fragt, was für eine Art Mädchen oder Frisur man bevorzugt, ändert sie ihr Outfit eventuell anschließend entsprechend. Letztendlich ist das hier dann wohl doch mehr ein Girlfriend-Tamagotchi, das es sich mit dem Spieler nicht verderben will. Rinko kann schon sauer werden, wenn ich länger nicht auftauche, nehme ich zumindest an, ich verpasste so gut wie keinen Tag. Oder wenn man ein Date verpasst, was mir tatsächlich versehentlich mal geschah. Aber das ist immer schnell gekittet und wie gesagt kann man mit der Zeit den Look und die Persönlichkeit über die von ihr initiierten Fragen so einstellen, wie man sie präferiert. Damit die Otakus ihre perfekte Freundin bekommen, statt wirklich einen eigenständigen Menschen zu simulieren.

Weiterhin können natürlich immer noch regelmäßig SMS geschickt werden oder Rinko auch so einfach mal angerufen werden, um tatsächlich direkt mit ihr zu sprechen. Was ich natürlich nicht ausprobiert habe, und von daher die Genauigkeit der Spracherkennung japansicher Wörter nicht prüfen konnte.

Es gibt auch spezielle Tage im Kalender weiterhin, wie Weihnachten, die Geburtstage oder eben den Jahrestag der Liebesbekundung. Wobei ich hier leider nicht wirklich viel Interessantes zu sehen bekommen habe. Ich gehe mal davon aus, dass man rechtzeitig im Vorhinein ein Geschenk in der Stadt kaufen gehen oder ein Date in einem Restaurant ausmachen muss. Woran ich natürlich notorisch nicht gedacht habe, sondern immer jeden Timeslot mit einer Statuswerte-Aktivität gefüllt und nur an Sonntags-Dates gedacht hatte.

Man muss übrigens nicht wirklich bei allem in Realzeit dabei sein. Lediglich die ausgemachten Dates sind wichtig. Und eben ein Mal pro Tag vorbeischauen, um die Timeslot-Aktivitäten festzulegen. Die Ergebnisse jener Slots kann man sich dann jederzeit auch im Nachhinein ansehen. Wie gesagt meist sind die außerhalb von ausgemachten Dates gescheheneh Szenen nur Standardphrasen oder kurze Smalltalks mit Rinko.

Worauf ich noch gar nicht eingegangen bin, ist dabei die körperliche zwischenmenschliche Nähe, die es in einer Beziehung gibt, und die das Spiel auch simulieren will. Immerhin hat der DS ja einen Touchscreen. Auf Dates kommt es also immer mal wieder dazu, dass ich Rinko anfassen kann. Um Händchen zu halten oder das Haar zu streicheln etc. Bringt sie dass in Stimmung, wird geküsst. In dem der Touchscreen gerubbelt wird und je nachdem, wie sehr sie das anturnt, ihr dann verschieden viele Schmatzer aufgedrückt werden. Das ist natürlich der Teil des Spieles, der am merkwürdigsten ist, wenn man die nötige Distanz zu Love Plus behält, statt sich tatsächlich in der Simulation zu verlieren.

Insgesamt war das Jahr mit Love Plus beziehungsweise Rinko schon interessant. Dies ist dabei die erste Inkarnation des Spieles, nicht die Erweiterung oder das 3DS-Sequel. Von daher ist es natürlich noch relativ zurückhaltend und repetitiv. Später kann man wohl auf ganze Ausflüge etc gehen. Der virtuelle Partner wird wahrscheinlich ein wenig besser simuliert. Im ersten Spiel merkt man halt doch noch, dass dies ein wenig ein glorifiziertes Tamagotchi ist. Wobei ich zu Medien sowieso eine ziemlich hohe Grunddistanz habe, und wahrscheinlich diese simulierte Beziehung immer etwas merkwürdig finden würde. Dennoch interessant zu sehen, wie sich das aus Tokimeki Memorial entwickelt hat. Statt mit dem Gewinnen der Liebe des virtuellen Schwarms zu enden stattdessen fragt „Und was dann?“. Einen die Beziehung an sich simuliert. Wobei ich mit TokiMemo mehr als mit Love Plus anfangen kann, eben gerade weil es Game-iger ist.

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