Boogiepop Returns: VS Imaginator

ava-2881Boogiepop ist eine sehr erfolgreiche Reihe an Light Novels von Kouhei Kadono, welche seit 1998 läuft und dafür bekannt ist das LN-Genre maßgeblich geprägt und popularisiert zu haben. Light Novels sind kürzere Bücher, oftmals dafür in längeren Reihen erscheinend, die recht einfach zu lesen sind und sich an eine Young Adult Zielgruppe richten.

Die Boogiepop-Reihe zählt mittlerweile nicht nur fast zwei Dutzend Volumen, sondern weißt auch Nebengeschichten, Kurzgeschichtensammlungen, Adaptionen als Manga, Anime und Film auf. In Japan läuft sie also sehr gut. Im Westen lief es für die Novellen nicht ganz berauschend, nach dem Release der ersten drei lag die Reihe über zehn Jahre auf Eis, bevor sie erst vor einigen wenigen wieder aufgegriffen wurde.

Ich habe vor knapp vier Jahren durch das erste Buch, Boogiepop and Others, gelesen. Die nächsten beiden hatte ich bereits in Ausschau, hat jetzt allerdings doch ein wenig gedauert, bis ich bei ihnen gelandet bin. Etwas umständlich Boogiepop Returns: VS Imaginator Part 1 – Signs und Boogiepop Returns: VS Imaginator Part 2 – Parade betitelt, ist klar ersichtlich, dass es sich beim zweiten und dritten Band um eine durchgängige Handlung handelt, die lediglich auf mehrere Teile zerstückelt ist, um dem kurzen Umfang eines individuellen Light Novels gerecht zu werden.

In der hiesigen Geschichte treffen wir auf die Towa Organisation, die hinter Psi-begabten Leuten her ist, und als Agenten synthetische Menschen mit Superkräften benutzt. Hauptantagonist ist Spooky E, der andere unter seine Kontrolle bringt, um für Towa die Drecksarbeit zu erledigen. Asukai hingegen ist ein ganz normaler Lehrer mit einer nicht ganz so normalen Eigenschaft: Er kann das Herz von Menschen sehen, repräsentiert durch eine Rose, und diese ebenfalls manipulieren. Was er zunächst nicht vor hat, bis er einen Besuch von Imaginator bekommt, die eine neue Welt erschaffen will, und dafür seine Kraft braucht. Tanaguchi ist nun aber wirklich ein ganz normaler Schüler, der auf eine nicht ganz normale Schülerin trifft, und sich in sie verliebt. In ihrem Auftrag verkleidet er sich als legendärer Boogiepop und stellt Kleinkriminelle, um den wahren Boogiepop hervorzulocken. Beide verlieben sich währenddessen ineinander, wobei Orihata als synthetischer Mensch der Towa Org meint, nicht gut genug für Taniguchi zu sein.

Ich muss ja sagen, dass ich bereits überhaupt nichts mehr von dem weiß, was in Boogiepop and Others geschehen ist. Sicherlich ist das wie erwähnt bereits vier Jahre her, aber so ein paar Details oder Highlights kann man ja von allen Geschichten irgendwie noch mal wider abrufen. Einen besonderen Charakter, eine hervorstechende Szene. Aber zu Boogiepop herrscht Leere in meinen Hirnwindungen. Und auch Boogiepop Returns, welches ich erst vor Kurzem beendet habe, war nicht anders. Ich musste mir gerade tatsächlich noch mal eine Synopsis durchlesen, um mir in Erinnerung zu rufen, was noch mal genau geschehen ist. Irgendwie sind die Bücher scheinbar nicht interessant genug, um sich wirklich in der Erinnerung zu verankern.

Wobei Boogiepop Returns schon mal etwas einfacher zu folgen ist. Die Handlung hat gefühlt immer noch viel zu viel, was geschieht, und viel zu viele Charaktere, die aufgebracht werden, und mit denen nur leidlich am Ende wirklich Wichtiges geschehen ist. Was dazu führt, dass die kurzen Kapitel immer noch beständig ihren Blickwinkel ändern, was etwas desorientierend wirken kann. Aber sie sind zumindest nicht mehr chronologisch durcheinander wie im ersten Band. Und um ehrlich zu sein, dieser viel zu große Ensemble-Cast um hauptsächlich Teenager, die alle Versatzstücke vom Geschehen mitbekommen, von denen aber am Ende nur wenige wirklich hinter das Geschehen blicken können oder gar im Wesentlichen involviert werden, ist am Ende noch die interessanteste Besonderheit von Boogiepop.

Denn ohne, nur auf das eigentliche Hauptgeschehen und die wirklich wichtigen Charaktere beschränkt, ist Boogiepop Returns eigentlich eine ziemlich gehabte Handlung. Sehr Anime, sehr auf ein junges sich etwas selbst-überschätzendes Publikum ausgerichtet, aber doch in den Grundzügen nicht herausragend. Stark für diejenigen geschrieben, die meinen wesentlich besonderer zu sein, als sie wirklich sind – einen Vibe, den man auch vom Autor in seinem Nachwort bekommt. Für edgy Teens und so. Der Aufhänger des Buches an sich ist beispielsweise der Selbstmord einer Mitschülerin. Boogiepop, welcher hier gar nicht so häufig auftritt, ist ein bleicher, in schwarz gekleideter, androgyner Supermensch. Unfehlbar, unnahbar, mysteriös, nie lächelnd. Eine von Anfang an auf Tragik getrimmte Liebesgeschichte mit einer Partizipierenden, die sich für nicht lebenswert hält. Superkräfte, Supermenschen, Geheimorganisationen. Und natürlich Möchtegern-Poesie, wie beispielsweise der wiederkehrende Satz „Sometimes it snows in April“, mit dem die Charaktere eine Obsession entwickelt, obwohl lange nicht klar ist, was dessen Bedeutung darstellt.

Es ist nicht so, dass dies nicht manchmal auch wirkt. Die Sache mit der Rose, die das Herz der Menschen repräsentiert, fand ich beispielsweise ganz interessant. Die Sache ist die, dass die Rose von jedem einen gewissen Makel hat. Manche haben besonders starke Stämme, besonders tiefe Wurzeln, besonders schöne Blüten, es mangelt aber an einer der anderen Komponente. Das ist eine nette Art und Weise, um zu visualisieren, dass jeder seine Stärken und Schwächen hat, niemand perfekt ist. Der intrinsische menschliche Drang danach sich zu bessern und zu vervollkommnen, der nie ganz erfüllt werden kann.

Manchmal wäre es interessant, in ein früheres Selbst zurückkehren zu können. Als Mensch verändert man sich über die Zeit ja. Hätte ich Boogiepop gelesen, als ich selbst so um die 20 Jahre alt war, vielleicht hätte die Reihe mit mir geklickt. Als ich mich noch für viel schlauer hielt, als ich bin, dachte jeder Gedanke von mir wäre weltbewegend neu und ich so anders als die Masse. Dachte, immer unglücklich zu seine wäre eine hehre Eigenschaft, Leiden als erhabene Charaktereigenschaft. Aber jenes Ich bin ich nicht mehr. Für mich, in 2024, ist Boogiepop einfach etwas langweilig. Zu viele Dinge mit zu vielen Charakteren, die alle insular gar nicht so besonders sind, oder genug Zeit zum Wirken bekommen, plätschern einfach eher an mir vorbei und fallen schnell dem Vergessen heim. Ich muss echt mal wieder anfangen mehr zu lesen, mehr Boogiepop muss es aber nun wirklich nicht sein.

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