Im Schmerz geboren

ava-1742Was die cineastischen Fabrikationen meines Heimatlandes angeht, muss ich zugeben nicht sonderlich versiert zu sein. Noch weniger als zu denen in allen anderen Länder der Erde sowieso schon. Auch was die Großen im deutschen Fernsehen angeht, war ich nie interessiert. Beispielsweise das kürzlich nach 34 Jahren und 215 Sendungen abgesetzte Wetten, dass…? ist etwas, was mir schon als Kind nicht gefiel und ich nie mehr geschaut habe. Ebenfalls der bereits 1970 geborene, und stetig die 1.000 Folgen anstrebende, Tatort ist etwas, was ich nie wirklich mit Interesse verfolgte.

Doch zu Jahresbeginn habe ich einen geschaut, Im Schmerz geboren schimpft er sich, ist ziemlich aktuell, nämlich im Oktober 2014 seine Erstausstrahlung habend. Der spielt in Wiesbaden mit dem Kommissar Felix Murot, weil zu sagen wo und mit welchem Ermittler-Team so ein Tatort stattfindet, davon ist selbst mir die Wichtigkeit geläufig.

Er war überraschend anders, als ich erwartet habe. Allerdings habe ich mir mittlerweile sagen lassen, dass die Fälle einiger Ermittler auch experimentierfreudiger sind, als eher klassischere Fälle alteingesessener Teams. Der Einzel-Kommissar Murot ist wohl einer jener Tatort-Subs, die sich mehr aus dem Fenster lehnen.

Worum geht es? Ein bolivianischer Drogenbaron kommt nach Wiesbaden und prompt wird sein Empfangskommando – die 3 Söhne eines beheimateten Gangsterbosses – über den Haufen geschossen. Wer denkt hier würde es nun um Drogenkartelle und ihre Feindseligkeiten gehen, der irrt jedoch. Denn der Neuankömmling Richard Harloff ist ein alter Bekannter von Murot, der mit ihm zur Polizeischule ging, allerdings entlassen wurde, weil ihn zwei Mitschüler verpetzt haben. Es ist also ein persönlich motivierter Racheplan, den Harloff hier souverän verfolgt, um sowohl jene aus dem Weg zu räumen, aber auch sich an den ehemals besten Kumpel Murot zu rächen, wofür genau ist nur zunächst nicht wirklich klar.

Angeblich hat sich der Regisseur von Shakespeare-Stücken inspirieren lassen, und dies merkt man dem Tatort schon an. Schon alleine daran, dass es einen theatralischen Sprecher gibt, der zu Beginn, Ende und für den Einstieg in die Akte sogar auf die „Bühne“ tritt und dem Zuschauer ein wenig erzählt, was er aus dem Off auch den Rest des Filmes über macht. Ansonsten ist natürlich die Struktur an persönlicher Vendetta ob Missverständnisse und ungewollter Schadenszufügung sehr daran erinnernd, ganz besonders auch im tragischen Richard Harloff zu sehen, der ein unglaublich charismatischer Kerl ist und extrem geschickt und souverän alle auszuspielen weiß, aber bei dem sein Rachefeldzug-Tunnelblick zum eigenen Verderben führt. Und dann natürlich die hohe Anzahl an Toten, denn letztendlich stirbt fast jeder Charakter, den wir zu sehen bekommen, worauf auch am Ende noch mal der Film selbst aufmerksam macht, um sozusagen auch die vielen kleinen Rollen zu würdigen, die man über so 90 Minuten schon schnell wieder vergisst, wenn sie zur Filmmitte hin großflächig über den Haufen geschossen wurden.

Den Tatort dann auch tatsächlich als melodramatisches Theaterstück adaptiert für den TV-Bildschirm zu sehen, ist glaube ich einfach die beste Herangehensweise. Mir zumindest hat das Charakterdrama sehr gut gefallen. Auch wenn ich auf den einen oder anderen optischen Kunstgriff hätte verzichten können, neben einigen Theater-esquen Sachen wird da dann auch schon mal noch ein Oceans-Eleven-liker Stil hinzugenommen.