Frenzied Fishing: Monster Bass

ava-2766Letztes Jahr ging ein Kuriosum von einem Playstation-Spiel über Twitter. Eine scheinbare japanische Rarität, genannt Killer Bass, über die noch niemand geredet hat. Natürlich habe ich mir das vermeintliche Fisch-Horror-Spiel mal angeschaut. In der amerikanischen Version, denn schnell war herausgefunden, dass es eben doch außerhalb Japans als Monster Bass erschienen war. Da es allerdings im Spiel weder Sprachausgabe noch Story-Texte gibt, ist die Lokalisationsarbeit sowieso gleich Null gewesen.

Das Opening-Movie zeigt uns eine Reihe von Containern mit Versuchsobjekten drin. Beim Ranzoomen können wir ausmachen, dass es sich dabei um Fische zu handeln scheint. Und schon bricht das Glas und der Zombie-Fisch entkommt in die umliegenden Gewässer. Das kann ja nichts Gutes bedeuten. Die nächste Sequenz zeigt jedoch, dass das benachbarte Dorf scheinbar das Beste draus gemacht hat. Unsere Spielfigur kommt in Angelausrüstung an und wir sehen ein „Killer Bass Cup“ Banner im Wind wehen. Ob wohl Raccoon City, wenn es nicht zerbombt worden wäre, aus der Zombie-Infektion ein touristisches Festival gemacht hätte?

Wir haben es bei Monster/Killer Bass also tatsächlich schlichtweg mit einem Angelspiel zu tun. Jedoch einem, welches überall ordentlich Horror-Optik draufklatscht, um sich von der Masse abzusetzen. Was gemessen an der Obskurität des Spieles eindeutig nicht funktionier hat. Aber jetzt, 20 Jahre später, können ja alle „verrücktes Japan!“ Artikel und Videos nachgeschoben werden. Ich bin quasi selbst gerade mittendrin, so viel Selbstreflexion muss sein.

Der Horror-Zuckerguss ist und bleibt hierbei das, was das Spiel launig hält. Es gibt acht Stages, beziehungsweise vier je am Tag und zur Nacht, und dann noch das finale gegen den Boss-Barsch Jack. Jedes davon wird mit einer sehr dramatischen FMV eingeführt. Neben einem See bricht ein aktiver Vulkan aus. Der andere verfärbt sich Blutrot. Je nach Version zumindest. Denn was die US-Version an Übersetzungskosten einsparen konnte, wurde in Zensur gesteckt. Der See am Torii-Schrein verfärbt sich doch nicht blutig. Der Monsterbarsch schnappt sich in anderen Cutscenes doch keine Ente und einen Säugling als Snack. Fragt sich halt ein wenig, warum diese Änderung gemacht wurde, wenn doch jener Horror-Anstrich genau der Vermarktungspunkt des Spieles ist. Ein zahmes Angelspiel, davon können genug Alternativen lizensiert werden.

Die würden sich dann eventuell auch normal und damit erträglich spielen. Der wahre Horror von Monster Bass ist nämlich die Steuerung während des Angelns. In jedem Gebiet wird einem eine relative Standard-Aufgabe für ein Angelspiel gestellt: Fisch eine gewisse Anzahl an Barschen, oder einen von gewisser Größe, oder eine gewisses Gesamtgewicht an Fischen. All das natürlich unter einem Zeitlimit. Köder wählen, Fisch beißen lassen, und dann die Leine einholen. Währenddessen immer schön in die Richtung schwenken, in die der Barsch schwimmt, damit die Leine nicht unter zu viel Stress reißt. So weit so einfach. Jedoch gehen die Zombiebarsche absolut Amok, sobald sie an der Leine hängen. Das ist ein wildes hin und her Geschwimme, die Kamera kommt selten mit. Das bedeutet also nicht nur, dass es schwer ist, beständig die richtige Steuerungsrichtung zu wählen, die Hälfte der Zeit sieht man noch nicht mal, welche diese überhaupt ist.

Dadurch ist der eigentliche Angel-Teil des Spieles nicht nur unglaublich frustrierend, sondern scheint schlichtweg auch eine ganze Ecke zufällig. Manchmal beißt ein Barsch einfach an. Obwohl der Köder, die von Spinnen über Schlange hin zu Mäusen reichen, eigentlich „natürlich“ geschwenkt werden sollten, um die richtige Bewegung des Ködertieres nachzuahmen. Was auch immer das genau ist. Dann will mal wieder gar nichts beißen. Oder egal in welchen Bereich des Areals ausgeworfen wird, scheinen partout keine Fische zu sein, beziehungsweise keine, die schwer/groß genug wären. Und wie viel wortwörtlicher Struggle drinsteckt die anschließend einzufangen ist ebenfalls relativ beliebig.

Es wirft wirklich Fragen auf. War das hier ursprünglich als stinknormales Angelspiel entworfen und dann zum Absetzen von der Konkurrenz der Horror-Einschlag spät in die Entwicklung gewählt? Aber warum ist dann das Angeln an sich so schräg. Oder ist dies auch nachträglich als fehlgeleitete Idee eingeworfen worden um sozusagen Horror-Spiel-esque „Kämpfe“ mit den Fischen zu simulieren?

Was auch immer es war, am Ende wird dadurch aus Monster Bass ein Spiel, welches komplett sein Gimmick ist. Sobald der Aspekt „ein Angelspiel, aber WOW es ist HORROR“ überwunden ist, bleibt ein enorm schlechtes Game über, welches einem hin und wieder eine halbwegs interessante FMV hinwirft.

Koudelka

ava-2747Koudelka ist ein kurioses kleines Spiel. Hergestellt von Sacnoth, welches aus ehemaligen Square-Mitarbeitern bestand, und von SNK mitfinanziert, die auch eher für ihre Fighting Games bekannt waren. Zum Erscheinen zum Großteil übersehen worden, hat das Spiel mittlerweile einen gewissen Kultstatus erlangt. Teils auch wegen der erfolgreicheren quasi Nachfolger-Serie Shadow Hearts.

Wir sind im für JRPGs raren Setting der realen Welt verankert. Zumindest damals, als noch nicht jedes zweite RPG auf den Persona-Zug aufspringen wollte, war das kein so häufiges Setting. Außerdem spielt es in Wales des Jahres 1899, und ausschließlich im weitläufigen Gebäudekomplex eines Klosters. Für wen das wie das passende Setting für ein Horror-Spiel klingt, der liegt richtig: Koudelka ist für eine neue IP ein überraschend ambitionierter Mix aus JRPG- und Horror-Elementen.

Übrigens heißt nicht nur das Spiel an sich Koudelka, auch der Hauptcharakter trägt jenen Namen. Im Opening bricht sie, geleitet durch eine Nachricht eines Geistes, in das Kloster ein. Dort trifft sie auf Edward, den sie vor einem Werwolf rettet. Später stößt zu den beiden auch noch ein Priester für den ersten richtigen Bosskampf. Alle drei Charaktere haben andere Beweggründe, warum sie die Abtei durchsuchen, die lange Zeit für ihre Mitstreiter und den Spieler im Dunkeln bleiben. Es ist zumindest klar das Übel umgeht, doch trotz der Monster und Geister lassen sie sich nicht von ihrer Mission abschrecken. Dann wiederum ist es natürlich auch sicherer in einer Gruppe das Spukgemäuer zu erkunden, auch wenn sich die Charaktere nicht immer untereinander einig sind.

Zumindest sind die Charaktere interessant und divers, wenn auch nicht immer super charmant. Dass sie miteinander argumentieren und sich teils streiten macht die Dynamik sowieso eher realistisch, immerhin ist das hier eine sehr unterschiedliche Nutzgemeinschaft. Diesem Realismus ist dadurch geholfen, dass die Charaktere im Spiel via Motion Capture animiert sind und somit häufig kleine und subtile Bewegungen ausführen, die für die PS1 alles andere als üblich sind. Obendrauf kommt auch noch gute Sprachausgabe – sowohl in der englischen wie in der deutschen Vertonung -, welche zudem während des ganzen Spieles über vorliegt, nicht nur in den FMVs. Mit dem Abstrich, dass es zu ihnen keine Untertitel gibt. Dennoch, hier hat jemand definitiv viel Geld in die Lokalisation gesteckt, was von der Ära, einem kleinen Studio, oder SNK nicht unbedingt zu erwarten war.

Das Gameplay hingegen ist eher etwas unausgegoren. Scheinbar kamen während des Developments eine Menge unterschiedlicher Ideen auf, und die wurden auch alle verwendet. Eine ganze Menge mehr, als ein Spiel von der Länge Koudelkas wirklich braucht. Die vier Discs werden nämlich maßgeblich mit den FMVs und dem Voice Acting gefüllt, das Spiel an sich ist nur ungefähr 10 Stunden lang. Strukturell ist es also eher ein Survival Horror Game, aber eben mit RPG-Systemen, was sich beides häufig etwas beißt.

Zum Start eines Kampfes fällt auf… nun zunächst einmal die tolle Kampfmusik. Umso mehr, weil normalerweise eher Ambiente während des Begehens des Gebäudekomplexes eingespielt wird. Das lässt die wenige Musik, eben zumeist tolle Kampfthemen, noch mehr auffallen. Ich hatte Tage später noch einen Ohrwurm. Aber egal, wenn dann endlich mal das 3D-Kampffeld langsam geladen hat und die ebenso langsamen Kämpfe losgehen können, fällt zunächst ins Auge, dass die Charaktere und Gegner auf einem kleinen Schachbrett stehen. Bewegung und Positionierung spielen also mit hinein, statt das sich einfach beide Seiten gegenüberstehen und kloppen können. Jemand, der physisch attackieren will, muss natürlich direkt neben seinem Opfer stehen, beispielsweise. Man sollte nun meinen das Magie-Nutzer bestenfalls ganz hinten stehen. Denn Magie hat keine Reichweitenbegrenzung (braucht aber eine Weile, bis sie gesprochen ist) und Gegner können nur bis zum vordersten Charakter ziehen und jenen angreifen. Allerdings muss doch darauf geachtet werden, dass Magie weniger Schaden macht, je weiter der Sprecher vom Ziel entfernt steht. Physische Kämpfer hingegen haben die Sorge, dass Waffen jederzeit brechen können, und hoffentlich ein guter Ersatz im begrenzten Inventar steckt.

Nach erfolgreichem Kampf gibt es Erfahrungspunkte, Level Ups führen allerdings nicht zu vordefinierten Statusverbesserungen. Stattdessen gibt es ein paar Punkte, die vom Spieler selbst auf die sechs Statuswerte der Charaktere verteilt werden dürfen. Magien und Waffenvertrautheit leveln hingegen nur mit dem wiederholten Einsatz ihrer auf. Alles schon etwas Final Fantasy II. Genau wie jenes Spiel sind Alleskönner in Koudelka meist suboptimal, das Spiel wird wesentlich einfacher, wenn sich auf einen physischen oder magischen Weg für die Charakterentwicklung beschränkt wird. Allerdings auch nicht zu sehr, beispielsweise ist die sehr für Magie affine Koudelka eine Zeit lang alleine unterwegs, ein wenig Statuswerte für bessere Defensive und Schadenspunkte wären also schon gut auch in sie investiert.

Um ehrlich zu sein ist das Spiel gar nicht mal so schwer. Die ersten paar Kämpfe sind knackig und es gibt einen echt fiesen Boss am Ende der dritten CD. Über den regulären Spielverlauf werden aber die Charaktere nach einigen Level Ups schon ziemlich starke Streiter. Was ganz gut ist, da sich aufs Inventar nicht immer verlassen werden kann, da die meisten Gegenstände inklusive jegliches Equipment nur über randomisierte Gegner Drops erlangt werden. Ich hatte beispielsweise lange Zeit gar keine Rüstung gedropt bekommen. Schon etwas merkwürdig diese ganzen Systeme zu sehen, die den Horror mit einem etwas ungewisseren Spielverlauf hochtreiben wollen, die dann aber von den RPG-Mechaniken häufig unterwandert werden. Wie eben begrenztes Inventar und unzuverlässiger Item-Nachschub versus die schnelle Stärke durch das Level-System. Auch die für Surivival Horror üblichen Puzzle lösen sich häufig nach dem Finden eines Hinweises von selbst oder sind super einfach, als hätte man sie erneut nach dem Einbau dem Spieler doch plötzlich nicht zugetraut.

Um ehrlich zu sein kann ich Koudelka mehr bescheinigen, dass das Spiel zu spielen interessant ist, denn dass es Spaß machen würde. Immerhin ist es relativ kurz und nach der Eingewöhnungsphase der ersten CD geht es relativ einfach von der Hand (ich habe tatsächlich circa drei Mal nach den ersten langsamen Kämpfen aufgegeben vorm aktuellen Durchlauf). Die Erfahrung an sich war es für mich einfach wert. Koudelka hat viele Ecken und Kanten und Kanten, aber wirkt wie so ein ehrlicher Versuch die eigene Vision auf Discs zu bringen. Und die Atmosphäre der Klostererkundung voller grusliger Monsterdesigns und Storypräsentation wie in einem Theaterstück sind echt toll.