Tokimeki Memorial war in einer interessanten Situation um die Jahrtausendwende. Das Original war ein super Erfolg, der über endlose Portierungen, Spinoffs und Merchandising viel Geld in die Konami-Kassen gespült hatte. Aber es dauerte auch ganze fünf Jahre, bis mit Tokimeki Memorial 2 ein Nachfolger erschien. Und das 5 CDs umspannende Mega Dating Sim releaste auf der PlayStation 1 keine vier Monate, bevor die PlayStation 2 in den Startlöchern stand. Damit war dessen Halbwertszeit natürlich gezählt, zwar war die PS1 weit verbreitet, aber es auch klar, dass Spieler bald auf die neue Generation migrieren würden.
Die unkonventionelle Lösung Konamis: Eine ihrer monetär erfolgreichsten Hit-Serien der 90ern über Crowd Funding zu realisieren. Lang bevor Kickstarter und Co. das normalisiert haben. Und wir wissen ja mittlerweile, wie erfolgreich und verlässlich Crowd Funding von Spielen ist, die bisher nur als feuchter Traum der Macher existieren. Konami hatte also das Tokimeki Memorial Project am Laufen, bei dem sich Spieler quasi Anteile am Spiel kaufen konnten. Zu einem gewissen Mindestpreis war man drin, das Geld würde zur Produktion des Spieles genutzt, und beim absehbaren Erfolg eines neuen Tokimeki Memorials sollte man sogar basierend an den Eigenateilen an der Gewinnausschüttung teilhaben.
Da gab es nur einige Probleme. Zum einen sollte Tokimeki Memorial 3 bereits 2001 in den Regalen stehen, knappe zwei Jahre nach dem Vorgänger. Das ist eine sehr kurze Entwicklungszeit, selbst ohne die unbekannte Note wie viel Geld übers Crowd Funding überhaupt zur Verfügung steht. Dazu kommt noch, dass Tokimeki Memorial 3 auf einer ganz neuen Engine mit 3D-Grafik bauen wollte, was zusätzliche Ressourcen und Zeit frisst. Obendrauf hatte sich Konami zudem dazu entschieden, dass erste Otome-Spinoff Tokimeki Memorial Girl’s Side, welches für 2002 veranschlagt war, ebenfalls aus diesem Topf zu finanzieren. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, verschwand mysteriöserweise ein guter Teil des Geldes schlichtweg – Crowd Funding war schon ein Scam, bevor es richtig normalisiert war.
Aber da war es nun. Am 20. Dezember 2001, fast genau vor 20 Jahren also, stand das Spiel in den Regalen. Wurde gekauft. Fans waren enttäuscht. Die Verkaufszahlen blieben hinter den Erwartungen. Alle Spinoffs und geplantes Merchandising wurden kalt gelegt. Dank des Misserfolges des Spieles gekoppelt an einem schwindenen Markt an Galge Dating Sims in den 2000ern sollte die Hauptserie erst mal für ganze acht Jahre beerdigt werden. Witzigerweise war das wesentlich konventionellere Girl’s Side wesentlich erfolgreicher, und bekam in der folgenden Dekade an wachsendem Otome-Game-Markt zwei Nachfolger und reichlich Merchandising nachgeschoben.
Dennoch, wir wollen ja nicht richten basierend auf dem, was andere empfinden. Also ab in den umstrittenen dritten Teil von Tokimeki Memorial. Wobei, um umstritten zu sein müsste es ja eine positive Gegenmeinung geben.
Der Elefant im Raum, schon alleine weil am sichtbarsten, ist natürlich der neue Look des Spieles. Tokimeki Memorial 3 benutzt für alle seine Hauptcharaktere – sprich die sechs Haupt- und zwei geheimen Mädels, deren Herz man erobern kann, 3D-Grafik statt 2D-Artworks. Und um ganz ehrlich zu sein, für Cel Shading aus 2001 sieht das eigentlich gar nicht so übel aus. Die Profilansicht ist ein wenig schräg, schon alleine wegen der Pinoccio-Nasen. Aber dem ist sich das Spiel bewusst und bietet diese entsprechend so gut wie nie an, man sieht sie meist nur kurz während einer Drehanimation. Das ist dann auch der Vorteil der Modelle: Sie sind wesentlich weniger statisch als ausgetauschtes Artwork, stattdessen können sich die Mädchen während einer Szene wesentlich mehr bewegen. Die Gespräche wirken dadurch dynamischer. Da alle Nebencharaktere allerdings weiterhin einfach in die 2D-Szenen reingezeichnet sind, ist der Nachteil natürlich, dass sie extrem herausstechen wann immer sie sich das Rampenlicht teilen müssen. Außerdem ist es etwas schade, dass es nun nicht mehr die netten 2D-Bilder für Special Events gibt, sondern jene ebenfalls für die Dynamik dadurch ersetzt werden, dass die 3D-Modelle vor statischen Hintergründen agieren.
Aber auch im Gameplay haben sich einige Neuerungen eingefunden. Der reguläre Ablauf ist natürlich gleich geblieben. Wir gehen durch die drei Jahre der japanischen High School. Zu Beginn der Woche wird festgelegt, welcher Aktivität an den Schultagen nachgegangen wird, um die Statuswerte zu verbessern. An freien Tagen können die Mitschülerinnen angerufen werden, um sie auf Dates einzuladen, beziehungsweise wird jenen Dates nachgekommen. Die richtigen Antworten während der Gespräche gegeben und die passenden Statuswerte am Ende haben, und die holde Weiblichkeit der Wahl macht eine gefühlvolle Liebeserklärung, auf das man für den Rest der Tage glücklich zusammenlebt.
Neu sind allerdings einige Dinge in den Feinheiten, die das Spiel in mancher Hinsicht realistischer gestalten. Beispielsweise sind nun beide Tage des Wochenendes frei, damals haben viele japanische Schulen darauf umgestellt gehabt, dass Samstags kein Schultag mehr ist. Das verdoppelt die Tage, an denen Verabredungen geplant werden können natürlich fast. Alternativ kann mittlerweile aber auch am Wochenende einem Hobby nachgegangen werden. Je nachdem können so neue Lokalitäten für Verabredungen gefunden werden, oder man bekommt hilfreiche Gegenstände fürs Gameplay, oder hat neue Konversationsoptionen für Gespräche mit Mädels, die das gleiche Hobby haben. Nach einer Verabredung, sobald die Zuneigung stimmt, kann es nämlich wie in Tokimeki Memorial 2 zu einem Follow-Up kommen, wo man zusammen noch schnell irgendwo was Essen geht. Und währenddessen gibt es nun viele Unthaltungsthemen, die dort angesprochen werden können. Leider gibt es unglaublich viele Konversationspunkte und nur wenige Interessen pro Charaktere, so dass es schwer ist, etwas anzusprechen, was auch wirklich eine positive Reaktion von der Gegenüber heraufbeschwört.
Das Outfit-System, welches den Fashion-Statuswert ersetzt, ist ähnlich kompliziert und gleichzeit wenig genutzt. Bevor man sich zum vereinbarten Verabredungsort bewegt, wird nun also ein Outfit aus dem Kleiderschrank manuell ausgesucht. Theoretisch hat jede Mitschülerin, auch die Jahreszeit im Hinblick, einen präferierten Stil. Und Outfits, die sie überhaupt nicht mögen, weswegen sie einen auch schon mal Sitzenlassen. Doch wer was unter welchen Umständen mag ist undurchsichtig und scheint sich nach Lust und Laune ohne kohärentes Schema zu ändern. Es nervt dutzende Outfit-Varianten auszuprobieren, bis endlich was gefunden wurde, gegenüber dem die Partnerin wenigstens neutral gegenübersteht. Girl’ Side hat das im Folgejahr wesentlich besser und einfacher geregelt.
Auch wie an die Informationen über die entsprechenden gewinnbaren Charaktere gekommen wird, ist nun realistischer. In den vorigen beiden Teilen gab es immer einen Klassenkameraden, welcher der Super Creep der Schule ist und alle Daten über die Mitschülerinnen hatte. Derjenige konnte also einfach angerufen werden, um die Telefonnummer herauszubekommen oder die aktuellen Zuneigungswerte zu erfahren. Das ist raus in Tokimeki Memorial 3. Stattdessen müssen die Mädels nun mehrmals angetroffen und mit ihnen nach der Schule nach Hause gegangen worden sein, bevor man sie direkt nach ihrer eigenen Nummer fragen kann. Um zu wissen, wer einen wie sehr mag, muss stattdessen eine ihrer Freundinnen danach gefragt werden. Spielerisch ist das natürlich ein wenig unschön, dass es teils eine Weile dauern kann, bis man die Telefonnummer hat, und endlich mit dem Dating im Dating Sim beginnen kann. Oder das es jetzt keine zentrale Anlaufstelle dafür gibt, wie sehr jeder Charakter einen mag, da die Mädchen nur Infos über die anderen Mädchen haben, mit denen sie auch fiktiv interagieren.
Zum Ausgleich ist das Dating allerdings einfacher geworden. Es gibt weniger Statuswerte, die trainiert werden. Die teils nicht ganz so einfach zu entfernenden Bomben, die davon kommen, dass man eine Mitschülerin ignoriert, können durchaus einfach explodieren und es ist dennoch nicht allzu schwer, die dadurch verringerte Zuneigung wieder auf Stand zu bekommen. Um die meisten Kandidatinnen zu gewinnen ist es zudem scheinbar nur nötig auf einem einzelnen Date gewesen zu sein und meist nur einen Statuswert in moderater Höhe zu haben. Selbst die Hintergrundgeschichte hinter einer Mitschülerin herauszufinden, ist nicht nötig, es gibt keine mandatory Story Trigger umzulegen. Zumindest nicht, Solange nicht über die Geheimcharaktere geredet wird.
Ich schrieb jedoch „scheinbar” aus gutem Grund. Denn so ganz ist mir nicht bewusst geworden, was bei einigen von ihnen die Gewinnvoraussetzungen sind. Ich bin wie immer dem japanischen @Wiki gefolgt, um herauszufinden, was die Mädels mögen und was sie nicht mögen, oder was ihre Gewinnvoraussetzugnen sind. Und die Anweisungen sind ziemlich einfach zu folgen und wirklich nich hoch gesetzt. Zumindest außerhalb der verworrenen Arten, um die Geheimcharaktere zu gewinnen. Die Hauptcharaktere sollten allerdings im Schlaf möglich sein. Und während das bei einigen von ihnen auch ohne Probleme funktioniert hat, blieben mir andere verwährt, obwohl ich alle genannten Voraussetzungen erfüllte und es da auch keine eindeutigen Lücken gegenüber anderen Mädchen gab.
Denn überraschenderweise habe ich mich tatsächlich an allen sechs Hautpcharakteren probiert. Zunächst, mit dem Ruf des Spieles im Hinterkopf, war ich nur zu einem Durchgang geneigt um Poster Girl Yukiko zu erhalten, die auch die einfachst zu gewinnende Kandidatin ist. Und ich stimme zumindest zu, dass der dritte Teil etwas enttäuschend ist. Der Alltag und die Charaktere wirken einfach nicht ganz so interessant, besonders nachdem der zweite Teil so viel dafür getan hat, ihnen mehr Persönlichkeit zu geben. Doch ganz so schlimm, wie der Ruf des Spieles ist, fand ich es nun auch wieder nicht. Irgendwas an Dating Sims motiviert mich eh und über eine längere Periode hinweg bin ich deswegen eine nach der anderen angegangen. Trotz sechs kompletter Durchgänger und ein paar Reloads gegen Ende bei Misserfolg, gingen nur vier der sechs Mitschülerinnen einen Beziehung mit mir ein.
Zunächst war das wie bereits erwähnt Yukiko Makihara, das Poster Girl von Tokimeki Memorial 3. Wie üblich ist sie ein wenig Vanilla, einfach ein rundum nettes und in allen Schuldisziplinen ordentliche Leistung bringendes Mädchen, welches von allen gemocht wird. Und natürlich unsere Kindheitsfreundin. Sie hat schon immer Gefühle für einen gehabt, weswegen sie fast keine Standards hat, um einen als romantischen Freund zu nehmen, und leider auch ständig Bomben entwickelt, wenn man sie für eine Andere ignoriert. Ihre Backstory ist zudem gar nicht ihre, sondern dreht sich um die alte Dame, in deren Shop sie aushilft, die eine alte Liebe in jungen Jahren verlor und bis Heute nachtrauert. Ein Schicksal, dem Yukiko nicht auch anheim fallen will. Was sie eben auch so einfach zu gewinnen macht. Sie war also nicht das Problem.
Als nächste hatte ich mir die pinkhaarige Rika Kawaii herausgesucht. Das Nerd-Girl, welches man entweder über den entsprechenden Club trifft, oder nachdem sie einen mehrmals gestalked hat, um einen in ihr aktuelles Experiment einzubauen. Sie ist etwas schrullig und hat eine leicht überzogene Stimme. Sie liebt Roboter und hat eine Aversion gegen echte Hunde. Wie sich herausstellt liegt das daran, dass ihr als Kind der liebste Hund gestorben ist, eine Tragödie, die sie nicht wiederholen will. Weswegen sie nun Roboterhunde bevorzugt. Genau der wird jedoch zerstört, als er einen echten Hund rettet, woraufhin Rika einsieht, dass echtes Leben unberechenbarer aber wichtiger ist. Sie sollte eigentlich einfach zu gewinnen sein. Ich habe sogar alle ihre speziellen Story-Szenen getriggert, obwohl die eigentlich nicht nötig sein sollten. Und dennoch konnte ich sie, selbst ein paar Reloads fürs letzte halbe Jahr, nicht für mich gewinnen. Dabei sah alles super aus bis dahin.
Das lies mich zunächst etwas demotiviert zurück, doch ich wollte dem Spiel mit Emi Tachibana letztendlich noch eine Chance geben. Die Sportskanone des Spieles, die im Kendo-Club ist. Dementsprechend ist ihrer Route zuträglich, wenn man ebenfalls in jenen einsteigt, weil der Erfolg darin ihre Zuneigung erhöht. Sie ist sehr traditionell eingestellt und mimt deswegen auch das perfekte, zurückhaltende japanische Blümchen. Was dazu führt, dass sie auch ihr Backstory-Problem mehr oder weniger alleine löst und man darüber erst zufällig erfährt. Als sie sich nämlich verletzt und eventuell nicht mehr am Club teilnehmen kann, lassen sie alle ihre Mitschülerinnen fallen. Allerdings wird Emi wieder gesund und bedankt sich dafür, etwas Frust bei einem abgelassen haben zu können. Emi war ebenfalls ein einfacher Gewinn.
Dadurch motiviert ging es an die nächste in der Reihe, die blonde Mari Oda. Sie ist der pingelige Prinzessinencharakter. Als Kind einer erfolgreichen Schauspielerin und eines reichen Filmproduzenten mangelt es ihr weder an Geld noch Aussehen und sie versucht selbst eine Karriere als Darstellerin nachzugehen, ist entsprechend im Drama Club. Ihr Problem ist, das sie Leuten schlecht trauen kann, weil sie häufig nur wegen ihrer Prestige-Familie angesprochen wird, nicht ihrer selbst wegen. Das wirkt sich auch in nicht optimale Bühnenperformances aus. Bis man ihr dann zeigt, dass sie für sich alleine genug ist und es auch keinen Grund gibt, wie ihre Mutter sein zu müssen. Auch Mari war ein problemloser Gewinn.
Serika Shinjou kam als nächstes. Die grauhaarige Dame mit der etwas unheimlichen Aura ist mit die am schwersten zu bekommende unter den Hauptcharakteren. Nicht, weil ihre Anforderungen allzu hoch sind. Nein, sie ist einfach eine relative unterkühlte Einzelgängerin. Dadurch dauert es teils lange, bis man sie trifft, sie einem endlich die Telefonnummer gibt, und auch nur ein anderes Mädchen hat Infos über sie. Serika fehlt häufig in der Schule und taucht mit der Zeit mit mehr und mehr Verletzungen auf. Stellt sich heraus, dass sie eine Dämonenjägerin ist, die rockige Kämpferin also wirklich sehr tough ist. Zumindest sollte es das, ich habe irgendwann den Strang verloren und keine der weiteren Story-Szenen getriggert bekommen, die das genauer erklären. Und dennoch habe ich Serika gewonnen. Es lag also wirklich nicht an jenen, dass Rika nicht klappte.
Mit drei Gewinnen in Folge war ich also wieder voll und ganz involviert. Warum Rika nicht noch mal probieren? Warum nicht die komplexen zwei Geheimcharaktere angehen? Aber vorher noch schnell die grünhaarige Chitose Aizawa angegangen, die auch angeblich relativ einfach sein soll. Einfacher als Serika auf jeden Fall. Chitose ist das übertrieben fröhliche Mädchen. Als jemand, der aus der Kansai-Region kommt, erfüllt sie das Klischee der witzelnden überdrehten Person mit dem komischen Akzent. Sie ist bei allen super beliebt und es entsprechend einfach sie zu treffen, für einen zu interessieren, und Infos über sie zu erhalten. Außerdem redet sie immer mal wieder in gebrochenem Englisch, welches laut Spiel an sich aber super ist, weswegen Chitose eventuell sogar ein Auslandsstudium in Betracht zieht. Und ähnlich wie bei Rika lief alles super, ich erfüllte ihre Bedinungen mehr als doppelt, und dennoch wollte Chitose einfach keine Beziehung mit mir eingehen. Ohne das ich auch nur den geringsten Anhaltspunkt hatte, was das Problem war oder was ich versuchen könnte zu ändern.
Damit hab ich das Spiel dann doch sein lassen. Und leider auf einem sauren Gefühl beendet.