007 Sunday – Casino Royale 2006

ava-1478Zeit für ein Geständnis: Die 007 Sundays gibt es nur wegen den Filmen mit Daniel Craig. Wie bereits ganz zu Beginn erwähnt, war ich nie sonderlich an den Bond-Filmen interessiert. Aber dann gingen alle auf Skyfall so ab, selbst jene, die weniger mit den Filmen anfangen konnten. Also dachte ich mir, wäre es vielleicht doch mal eine Maßnahme, mir zumindest die Craig-Bonds anzuschauen. Nur kam ich dann auf die irrwitzige Idee, dass es sogar noch besser sein könnte, alle Filme zu schauen, um die Evolution der Serie über die letzten 50 Jahre mitzubekommen.

M hat gerade einen neuen, vielversprechenden Agenten zur Doppel-Null erklärt, sich ob dessen doch eher Kopf-durch-Wand-Vorgehensweise nicht so sicher, ob dies eine gute Idee war. Der Namen jenes Blondschopfs? Bond, James Bond. Der Gute jagt dann auch direkt mit viel schlechter Publicity eine Botschaft in die Luft, beim missratenen Versuch einen Bombenleger nach seinen Auftraggebern auszufragen. M zieht ihre Entscheidung also noch mal ordentlich in Betracht.

Doch so leicht lässt sich Bond nicht ruhig stellen, investigiert auf eigen Faust weiter, und kommt letztendlich Le Chiffre auf die Schliche, der für die großen Verbrechensorganisationen Geld vermehrt, momentan aber das Problem hat, dank Bonds Eingreifen das Geld am Aktienmarkt verspielt zu haben, was ihn auf deren Todesliste setzt. Allerdings erhofft sich Le Chiffre bei einem großen Bakkarat-Spiel in Monte Carlo dies zurückzuholen, während sich das MI6 erhofft, ihm dies zu verwehren, auf dass er bei ihnen Zuflucht suchen muss im Austausch gegen die Namen seiner Geschäftspartner. Da Bond der beste Glücksspieler ist, wird er auch ganz offiziell wieder auf den Auftrag angesetzt.

Ich hatte sofort ein gutes Gefühl bei Casino Royale – Klappe die Dritte. Ein Reboot, der sich alle vorigen Filme (auch wenn die selten wirklich direkten Bezug aufeinander nahmen) entledigt, auf dass alles nochmal bei (Doppel-)Null anfangen kann, mit einem fehlbaren Bond und alles mal ordentlich grundsaniert? Immer her damit. Wenn dann noch die stylische Pre-Titelsequenz in s/w Bonds erste noch eher unbeholfen-brachiale Morde zeigt. Und dann die eigentliche Titelsequenz, die prompt aus einem Persona sein könnte? Doch, doch, ich hatte schnell ein gutes Gefühl bei Casino Royale, Version Eon Films.

Und dies blieb dann auch so. Moderner Bond liegt mir doch einfach so viel besser, weil mir modernes Action-Kino besser liegt. Die Fights sehen besser aus, haben mehr Wuchtigkeit hinter sich. Bond ist nicht so gelackt und der Film sich dessen Fehlzügen durchaus bewusst, statt ihn zu glorifizieren. Die Mädels sind alle schlau und sexy, die Setpieces spektakulär, die Szenerien gewohnt atemberaubend und gut gefilmt… einfach herrlich. Der Film ist mit 2.5 Stunden zwar mal wieder überlang, aber kam mir wesentlich kurzweiliger vor, als so einige Vorgänger, weil einfach immer was los ist, und das nicht nur an Action, sondern auch an Charakterinteraktion (die Szene in der Dusche hätte man in einem „alten“ Bond nie zu sehen bekommen) und – endlich! – auch viel Agenten-Verwirrspielt. Um die Nebencharaktere, die manchmal interessanter denn Bond waren, war es auch in einigen früheren Filmen etwas schade, aber erneut nicht hier, Casino Royale weiß eine Judi Dench auch zu nutzen.

War also tatsächlich bisher mein Favorit unter den Bond-Filmen, eben wegen der moderneren Mentalität, weil nicht so altbacken und angestaubt, weil cooler und mit mehr Grauschattierungen. Genau genommen der erste Bond, für den ich mich sogar richtig begeistern konnte. Und übrigens trotz bereits zwei Vorversionen relativ frisch, da die Climax-TV-Version immerhin unter eine Stunde ist und die Version aus den 60ern dank Parodie und drölfzig verschiedenen Regisseuren sich doch wesentlich von dieser Version unterscheiden.

Bond Girl: Caterina Morino ist der übliche „Todesfick“, sprich sexy aber nach einem kurzen Techtelmechtel mit Bond auch schon tot, bevor sie wirklich zur Geltung kommen konnte – jedoch immerhin schlau genug, sich bewusst zu sein, dass Bond sie nur ausnutzt. Eva Green als Vesper Lynd ist ziemlich genial, sowohl der zerbrechlich Fisch außer Wasser, wie Willensstark, mit einer schneidigen Zunge, und perfektem Zusammenspiel zu Bond. Lediglich die Liebelei-Dialoge der beiden gegen Ende des Filmes sind ein Schwachpunkt, da so schrecklich künstlich, sie könnten direkt aus Twilight stammen.

Bond Bösewicht: Mads Mikkelsen, den so einige wahrscheinlich mittlerweile als den Titelgeber der neuen TV-Serie Hannibal kennen, verkörpert Le Chiffre, den kühlen und berechnenden Börsenspezialisten, der so sehr in die Ecke gedrängt wird, dass er nichts mehr zu verlieren hat, was dementsprechend auch ordentlich seine Kontenance immer wieder bröckeln lässt. Beides wirklich gut verkörpert. Allgemein wird man in diesem Bond keinen schlechten Akteur entecken.

Bond Himself: Der knackige Daniel Craig darf zum ersten Mal in den Anzug springen, und macht seine Rolle ganz gut. Wie erwähnt gefällt mir dieser Anfänger-Bond sowieso viel besser, denn zum einen bröckelt seine arrogante Superheldenfassade immer wieder ordentlich, weil ihm eben die Situation doch häufiger zu entgleiten droht, zum anderen wird seine Kaltschnäuzigkeit – wenn auch für seinen Beruf hilfreich – nicht zwangsläufig als was Gutes im menschlichen Gesichtspunkt dargestellt. Ein fehlbarer und verletzlicher Bond ist eben wesentlich interessanter anzusehen.

Action: Nie war die Action so gut inszeniert, so gut gefilmt, so gut choreographiert, so schön brachial wuchtig anzusehen, und auch die gigantischen Setpieces sind natürlich wieder dabei. Bei der Jagd in Madagaskar, beim Kampf durchs halbe Treppenhaus, bei der Folterszene gegen Ende, bei all dem ist das Adrenalin doch ordentlich am Pochen.

bond2006

007 Sunday – Casino Royale ’67

ava-1335Das Jahr 1967 sah gleich zwei Bond-Filme auf der Leinwand, zum einen natürlich Eons üblicher Eintrag, aber auch den zweiten von nur drei Bonds, die nicht von jenen sind, erneut eine Version von Flemings erstem Buch, Casino Royale. Interessant hierbei ist, dass Eon zwar nicht die Rechte an dem Buch besaß, jener der sie hatte aber seinen Film erst für Eon machen wollte, da sie sich nicht einig wurden dann aber ein eigenes Produkt draus machte.

Und da man meinte, nicht mit Eons seriösen Standards mithalten zu könne, wurde aus Casino Royale eine Parodie, was zumindest frischen Wind in unsere Wochen bringt. Aber auch alten Wind, so sind nämlich viele Schauspieler auch im einen oder anderen Eon-Eintrag zu sehen.

Weltweit werden Geheimagenten der Reihe nach von SMERSH ausgeschaltet, was den britischen Geheimdienst dazu bringt, den in Rente gegangenen, ursprünglichen James Bond revitalisieren zu wollen. Der gealterte, stotternde, keusch lebende Lord ist allerdings nicht so begeistert, hat er dem Dienst nicht nur den Rücken gekehrt, sondern fand es auch gar nicht so gut, dass seine Codenummer plus Name an einen rumhurenden Schwerenöter abgegeben wurde. Da macht SMERSH den Fehler, den jede böse Organisation in Handlungen mit Protagonisten macht, die eigentlich gar nicht zurückkehren wollen, und machen das Ding zu was Persönlichem, in dem sie seiner Lordschafts Anwesen sprengen.

Bond ist also zurück, aber nicht allein. Denn nach einem Abstecher in Ms Anwesen, um dessen Witwe zu vertrösten, nur um von ihr und seinen elf Töchtern umgarnt zu werden, stellt er nämlich eine ganze Reihe von neuen Agenten auf, um die ausgedünnten Ränge aufzufüllen. Und um SMERSH zu verwirren bekommen sie alle den Titel James Bond 007. Eine davon ist seine Tochter mit Mata Hari, Mata Bond, die Deutschland infiltriert, während ein anderer Bond nur wegen seinen Baccara-Fähigkeiten ausgesucht wird, um mit einer dritten James Bond, Ursula Andress, den Schurken Orson Welles zu besiegen, auf das ihn SMERSH ob seiner Schulden ausradiert.

Die Handlung von Casino Royale ist erneut, so Schwarz auf Weiß aufs Papier gebracht, nicht allzu komplex, aber verdammich, was ist es manchmal im Film an sich so schwer zu folgen, warum die Charaktere nun tun, was sie tun, wo sie es tun, wie sie es tun, und was das mit jener überhaupt zu tun hat. Der Film ist ein Ensemble-Cast, und zwar in allen Belangen. Nicht nur haben wir hier bekannte Schauspieler wie David Niven, Orson Welles, Ursula Andress, Peter Sellers, oder Woody Allen, die versuchen sich zu übertrumpfen, sondern am Script doktorten mehrere Leute rum und gedreht wurde er in Segmenten mit nicht weniger als fünf verschiedenen Regisseuren. Kein Wunder, dass die Ereignisse so unzusammenhängend wirken. Irgendwo zwischen der Trompete blasenden Witwe von M mit ihren seltsamen schottischen Todesriten; einer Ursula Andress, die Fotos von Peter Sellers in Kostümen verschiedener Landesführer macht, weil es sie anturnt; und Mata Bond, die in einer expressionistischen s/w-Kulisse a la Caligari durch Deutschland stolpert; fährt das Hirn ob alldem, was es zu verarbeiten hat, einfach runter und man nimmt das ganze Geschehen nur noch oberflächlich mit leicht glasigen Augen auf – lange bevor das psychedelische Finale im SMERSH-Hauptquartier eintrudelt und die 2 Stunden des Filmes endlich zum Ende führt.

Der Film, wenn auch kompetent inszeniert, ist also strukturell ein Durcheinander bis hin zur Inkohärenz, doch ehrlich gesagt kann ich einem durchgedrehten Film aus dem Jahre 1967 dies durchaus verzeihen, wenn er sowieso nur Laune machen will. Ist ja nicht so, als ob er sich je wirklich ernst nehmen würde. Auch wenn er durchaus eine halbe Stunde kürzer hätte sein müssen, damit einen der Bilderrausch nicht ganz so überfordert. Denn launig fand ich den ganzen durchgedrehten 70er-Kitsch meist schon. Sicherlich sind einige Segmente interessanter, als andere, aber meist retten die trockenen Dialoge und die guten Schauspieler, die all den Irrsinn bierernst spielen, das Ding absolut. Und irgendwas von Interesse anzusehen gibt es zumindest immer.

Bond Girl: Der Film ist voller weiblicher Figuren, locker das dreifache an Männern, doch gibt es überhaupt ein Bond Girl hier? Höchstens Deborah Kerr als Ms falsche Witwe, locker die unterhaltsamste Person im Schottland-Segment.

Bond Bösewicht: Das wäre dann wohl Orson Welles als Le Chiffre, SMERSHs Kassenwart, der alles Geld der Geheimorganisation beim Baccara verspielt, während er den Tisch mit seinen aufgeplusterten Zaubertricks von seinen Schummelversuchen ablenkt. Der war ganz witzig, auch wenn man so spät im Film schon etwas abgeschaltet hat, und nicht mehr so genau drauf achtet. Ach ja, und natürlich SMERSHs Oberhaupt Dr. Noah, der mit seinen Plänen doch glatt aus einem Austin Powers sein könnte, macht er alles doch nur aus kleinwüchsigem Minderwertigkeitskomplex, um an Frauen zu kommen.

Bond Himself: Der Film mit einem halben Dutzend Bonds, darunter genauso viele Frauen, wie Männern. David Niven als Original und bewusster Gegenteil zu Eons Bond ist super launig, in seiner verschrobenen Art, bei der er doch irgendwie immer die Oberhand behält. Peter Sellers ist da wesentlich mehr random mit seinen spontanen Imitationen, während sich auch Ursula Andres als quirky Sexbombe gut schlägt.

Action: Ein Film, der so auf ADHS ist, wie Casino Royale das häufig zu sein scheint, das Publikum nicht durchatmen lässt, damit man nicht zu sehr übers Geschehen nachdenkt, hat natürlich Verfolgungsjagden, Schießereien und Explosionen am laufenden Bande.

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007 Sunday – Climax! Casino Royale

ava-1305Die James-Bond-Filme sind ein echt großer Deal, hmm? So als Franchise, die die Jahrzehnte überdauert hat und die jedem was sagt. Ich hatte ja nie auch nur das geringste Interesse daran als Kind. Die Sache ist allerdings die, dass mein Vater die geliebt hat und meine Aversion gegen die Franchise deswegen daher kommen kann, dass ich ihn gehasst habe. Als Erwachsener bin ich reif genug, dies nicht auf Filme abfärben zu lassen und außerdem bin ich eh distinguierter geworden, was Genre angeht. Heiße Girls, Technik-Spielereien und aufgeblasene britische Agenten… so ganz nach meinem Ding klingt es allerdings immer noch nicht. Also unternehmen royales wir doch mal die Reise durch die Viertelhundertschaft an Filmen. Übrigens durch alle Filme, nicht nur die von Eon, weswegen den Anfang auch direkt Casino Royale macht, der 1954er-TV-Film der Climax!-Theater-Reihe, kurz nach Ian Flemings erstem Bond-Buch gleichen Namens erschienen.

Act I nimmt fast die Hälfte der Spielzeit ein und führt uns die Grundlagen vor Augen. Bond wurde ins Casino beordert, nicht um einem Bösewicht auszuschalten, sondern nur um ihn beim Bakkarat zu schlagen, auf dass er pleite geht. Doch Stolpersteine lassen nicht lang auf sich warten, muss Bond noch bevor er durch die Eingangstüre des Casino Royale ist, schon den ersten Kugeln ausweichen. Und dann flirtet ihn die alte Bekannte Valerie auch noch aufdringlich an, da das Bösewicht-Quartett sie zur Kooperation zwingt.

Fast die ersten zehn Minuten des Act II nimmt dann das nicht wirklich spannende Spiel zwischen Bond und den Schurken ein, dass er laut Auftrag gewinnen soll, laut Druckmittel der Fieslinge aber besser verlieren würde. Im letzten Moment gewinnt Bond natürlich dennoch und muss nun den Karren aus dem Dreck ziehen, und die Gegenspieler in ihrem tödlichen Spiel stellen.

Es ist halt schon auffällig, dass der erste Bond-Film streng genommen kein solcher ist, sondern eine 50-minütige Episode einer Live-Theatervorstellung im Fernsehen. Es gibt zwar schon „richtige“ Kulissen, doch ist die ganze Angelegenheit ziemlich bieder. So gibt es nur selten Musikuntermalung, peinlichst genau fällt das beim eben eh schon nicht so spannenden Bakkarat-Spiel zu Beginn von Act II auf. Die Handgreiflichkeiten wirken doch sehr unspektakulär, Valeries Anmache hat keine Subtilität und nachdem der letzte Schurke ausgeschaltet ist, wird auch ganz abrupt der Abspann laufen gelassen. Von daher gibt Climax! Theater presents Casino Royale nicht wirklich so viel her.

Nun aber mal zu vier Spezialerwähnungen, die ich wohl unter jeden Bond klatschen werde:

Bond Girl: Linda Christian hat einen edlen Look und das erste Bond Girl darf durchaus eine Geheimagentin, statt nur das ausgenutzte Schönchen sein, doch ist sie natürlich im Film alles andere als proaktiv, abgesehen von ihrem verzweifelten Anbiedern an Bond zu Beginn.

Bond Schurke: Peter Lorre, dem ich schon in M begegnet bin, hat das perfekte Gesicht für einen Bösewicht und ist halt fies, weil er der Fiesling ist. Chargiert halbwegs erinnerungswürdig dazu. Ein ob der kurzen Spielzeit eindimensionaler Bösewicht funktioniert eben irgendwie besser, als eine eindimensionale Damsel.

Bond Himself: Auch Barry Nelson kann in der kurzen Zeit natürlich wenig machen, außer im Anzug überlegend dreinblickend rumzusitzen und wenn er doch mal kurz in eine Klemme steckt, schnell zu schauen, als hätt er Blähungen.

Action: Meh, ein paar Handgreiflichkeiten und zum Schluss Off Screen erschießen einiger Bösewichter, alles recht unspektakulär.

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